Forschung am Institut für Virtuelle Produktentwicklung

Das IVP verbindet digitale Methoden mit ingenieurwissenschaftlicher Praxis. Im Fokus stehen Generative Design & Engineering, Mixed Reality sowie Product Lifecycle Management (PLM) & Digital Twins. Ziel des Instituts ist es, daten- und simulationsgestützte Entscheidungen entlang des gesamten Produktlebenszyklus zu ermöglichen – von der Entwicklung bis zur Wiederverwertung – und dafür belastbare Methoden, Werkzeuge und Lehrformate bereitzustellen. Auf Basis langjähriger Forschungserfahrung werden diese Schwerpunkte fortlaufend weiterentwickelt und in Lehre, Projekte und Kooperationen eingebracht – mit klarem Bezug zu Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft.

Generative Design & Engineering

Generative Design Methoden erschließen große Lösungsräume und erzeugen Designlösungen für unterschiedlichste Material- und Fertigungskombinationen. Die Konstrukteurinnen und Konstrukteure legen die Rahmenbedingungen fest (Funktion, Lastfälle, Fertigungsparameter). Darauf aufbauend werden die Geometrien automatisiert für den jeweiligen Anwendungs- und Belastungsfall iterativ erzeugt. Die Rolle der Konstruktion verschiebt sich damit stärker hin zur Anforderungsdefinition sowie zur Eingrenzung und Bewertung des Lösungsraums. Das stellt Unternehmen vor die Aufgabe, Entwicklungsprozesse neu zu denken – und bringt zugleich neue Kompetenzanforderungen für Konstrukteurinnen und Konstrukteure mit sich.

Die (teilweise) Abbildung des Entwicklungsprozesses im Sinne der Design Automation birgt dabei großes Potenzial: Durch automatisierte Parametervariationen werden Varianten generiert, simuliert und bewertet; dabei entstehen synthetische Daten, die als Trainingsbasis für KI-basierte Surrogatmodelle (Metamodelle) dienen. So lassen sich Entwicklungszeiten reduzieren und neuartige Lösungsansätze sichtbar machen.

Mixed Reality (VR/AR/AV)

Mixed Reality verbindet immersive Simulation (VR), kontextbezogene Unterstützung am realen Produkt (AR) und die Einbindung realer Komponenten in virtuelle Szenarien (AV). So entsteht direkte Interaktion zwischen Mensch und System: von Design-Review und Ergonomieprüfung bis zu AR-gestützten Arbeitsanweisungen, Remote-Assist und realitätsnahen Trainings. Über Kopplungen zu Digital Twins/PLM werden Zustände, Varianten und Hinweise situationsgerecht eingeblendet und zurückgespielt.

VR – immersive Simulation und Kollaboration
In Virtual Reality lassen sich Produkte, Anlagen und Prozesse vollständig virtuell erproben: Design-Reviews, Montagereihenfolgen, Ergonomie-Checks, Kollisions- und Zugänglichkeitsanalysen sowie sicherheitskritische Szenarien. VR eignet sich zudem für Trainingsszenarien, in denen Handlungsabläufe geübt und bewertet werden – ohne Risiko, Materialverbrauch oder Anlagenstillstände.

AR – Anleitung und Informationen am realen Produkt
Augmented Reality ergänzt die reale Umgebung durch kontextbezogene Einblendungen direkt am realen Produkt: Schritt-für-Schritt-Anleitungen, Prüf- und Messpunkte, Drehmoment-/Positionsvorgaben, Soll-Ist-Vergleiche, Sicherheitsabstände oder Material-/Werkzeugzuordnung. Damit unterstützt AR Montage, Instandhaltung, Qualitätssicherung und On-the-Job-Training unmittelbar im Betrieb. Über die Kopplung an PLM/Digital Twin lassen sich zustandsabhängige Informationen (z. B. Sensorwerte, Wartungsintervalle, Varianten) situationsgerecht bereitstellen – inklusive Remote-Assist, Annotationen und Dokumentation der Arbeitsschritte.

AV – reale Hardware im virtuellen Raum
Augmented Virtuality (AV) integriert reale Komponenten in die VR-Umgebung (z. B. Bedienpanels, Werkzeuggriffe, Mock-ups), die präzise getrackt und haptisch erfahrbar sind. So lassen sich Bedienkonzepte, Schulungen oder Wartungsabläufe realitätsnah erproben – mit der Haptik realer Hardware und der Flexibilität virtueller Varianten. AV eignet sich auch für Hardware-/Controller-in-the-Loop (z. B. PLC-in-the-Loop), um Steuerungslogik an virtuellen Anlagen zu testen.

PLM & Digital Twins

Product Lifecycle Management (PLM) hält Produktdaten über den gesamten Lebenszyklus konsistent und versioniert – von den Anforderungen über CAD/CAE/FEM und Fertigung bis zum Betrieb und zur Wiederverwertung. Das Modellbasierte Systems Engineering (MBSE) bildet Anforderungen, Funktionen, Systemlogik und physische Architektur in Systemmodellen ab und verknüpft sie mit PLM-Objekten; das erhöht die Nachverfolgbarkeit und macht Auswirkungen von Änderungen früh überprüfbar. Digital Twins verdichten diese Informationen zu kontextbezogenen, lauffähigen Repräsentationen von Bauteilen, Systemen oder Anlagen. Die Asset Administration Shell (AAS, Verwaltungsschale) bildet die standardisierte, maschinenlesbare Repräsentationsschicht für Digital Twins; ihre Submodelle (z. B. Stammdaten, Zustände, Instandhaltung, Prüf-/Simulationsmodelle) beschreiben Assets formal, machen digitale Zwillinge eindeutig adressierbar und versionierbar und ermöglichen den systemübergreifenden Datenaustausch.

Kooperationen

Wir bearbeiten Kooperationsanfragen fortlaufend und bringen Kontakte aus einer vielzahl an Industriekooperationen und -projekten mit ein. Zudem verfügen wir über langjährige Erfahrung in der Drittmittelakquise auf allen genannten Ebenen – von ZIM über DFG bis BMBF/BMWK und EU (von der Skizze und Konsortialbildung bis zum Antrag und Projektmanagement). Projekte werden systematisch geplant und umgesetzt – mit Arbeitspaketen, Meilensteinen und erwartbarer Ergebnisse.

Anwendungsfelder & mögliche Vorhaben (Auswahl)

  • CAD (parametrisch & baugruppenorientiert): saubere Parametrik, Varianten- und Konfigurationsmodelle, Schnittstellen (STEP/JT).
  • CAE/FEM: lineare/nichtlineare Analysen, Modellaufbereitung & Vernetzung, Validierung, Optimierung (Größe/Form/ Topologie).
  • Generative Varianten & Design Automation: automatisierte Geometrieerzeugung für unterschiedliche Material-/ Fertigungskombinationen, simulationsgestützte Bewertung, synthetische Daten für das Training KI-basierter Surrogatmodelle.
  • MR-Szenarien (VR/AR/AV): immersive Design- und Prozessreviews (VR), AR-gestützte Arbeitsanweisungen und On-the-Job-Training am realen Produkt, AV-Setups mit realer Hardware im virtuellen Raum; Kopplung an Digital Twins.
  • PLM & Digital Twins: konsistente, versionierte Daten über den Lebenszyklus; MBSE für Anforderungen/Funktionen/ Logik/Architektur; AAS als standardisierte, maschinenlesbare Repräsentationsschicht für Digital Twins.
  • Kopentenzvermittlung: Awareness-Workshops zur Einführung in generative Entwurfsmethodik (Design Space Exploration), Topologieoptimierung, Design Automation, Parametrik/DoE, simulationsgestützte Bewertung sowie synthetische Daten & KI-basierte Surrogatmodelle