Bochumer Wissenschaftler*innen machten auf der internationalen Konferenz die Relevanz von interprofessioneller Zusammenarbeit im Gesundheitswesen, die evidenzbasierte Behandlung von Hüft- und Kniearthrose, die Entwicklung eines App-gestützten Versorgungskonzepts für ältere Menschen und vieles mehr zum Thema.
Auf dem größten Physiotherapiekongress der Welt, der „World Physiotherapy Association“, kamen vom 29. bis 31. Mai 2025 Teilnehmende aus Forschung, Lehre und Versorgungspraxis zusammen. Aus dem Studienbereich Physiotherapie waren Angela Arntz, wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin an der HS Bochum in Kooperation mit der Universität zu Köln, Nitin Arora, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand an der HS Bochum in Kooperation mit der Sportuniversität Köln, Jonathan Bille, Studierender an der HS Bochum, Prof. Dr. Christina Groll, Professorin für Physiotherapie an der HS Bochum, Pia Rings, wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin an der HS Bochum in Kooperation mit der KU Leuven und Franziska Weber, wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin an der HS Bochum in Kooperation mit der Universität Utrecht vertreten. Das Programm war vielfältig und umfasste fokussierte Symposien, Diskussionsrunden, Seminare sowie Networking-Sessions.
Die Vertreter*innen des Studienbereichs Physiotherapie präsentierten Studienergebnisse im Rahmen von Plattform- oder Posterpräsentationen. So stellte beispielsweise Franziska Weber Ergebnisse ihrer Vignettenstudie zur evidenzbasierten Behandlung von Hüft- und Kniearthrose durch Physiotherapeut*innen in Deutschland vor. Hauptergebnis war, dass die Mehrheit der 335 Physiotherapeut*innen empfohlene Therapiemodalitäten für die Behandlung auswählt, jedoch wurden auch veraltete, nicht empfohlene Verfahren wie die Elektrotherapie gewählt. Weber betonte die Notwendigkeit von De-Implementierungsstrategien, um überholte Praktiken zu reduzieren und damit auch den Nutzen für Patient*innen zu steigern. Die Erkenntnisse sind bereits in neue Versorgungskonzepte eingeflossen, die aktuell in der SmArt-E-Studie erprobt werden.
Wissenschaftliche Mitarbeiterin Angela Arntz präsentierte die Ergebnisse einer qualitativen Studie zur Entwicklung eines App-gestützten Versorgungskonzepts für ältere Menschen nach einem Oberschenkel(hals)bruch. Das Konzept sieht vor, Patient*innen sowie Angehörige bereits in der Rehabilitationsklinik zu schulen und ein individualisiertes Trainingsprogramm nahtlos in der häuslichen Nachsorge fortzuführen – unterstützt durch eine App und persönliche Physiotherapiesitzungen. Ziel ist es, die funktionelle Selbstständigkeit der Patient*innen nachhaltig zu stärken. Das Konzept wird aktuell in der PROGRES(S)-Studie erprobt.
Nitin Kumar Arora präsentierte im Rahmen des Kongresses die Ergebnisse eines Umbrella Reviews zur Trainingsverschreibung bei muskuloskelettalen Knieschmerzen. Die Analyse zeigte, dass die berichtete Qualität der Trainingsparameter (wie Frequenz, Intensität und Dauer) in systematischen Übersichtsarbeiten oft unzureichend ist. Trotz der hohen klinischen Relevanz fehlt es an qualitativ hochwertiger Evidenz zur optimalen Dosierung von Training. Insbesondere die Effekte der Trainingsfrequenz auf Behandlungsergebnisse sind derzeit widersprüchlich.
Der Studierende Jonathan Bille präsentierte die Ergebnisse einer retrospektiven Datenanalyse mit Fokus auf die klinische Signifikanz einer Placebo-/Sham-Reaktion sowie den Einfluss der therapeutischen Allianz auf das Schmerzempfinden vor und nach der Intervention bei Patient*innen mit chronischen unteren Rückenschmerzen. Die Analyse zeigte eine klinisch signifikante Schmerzreduktion in beiden untersuchten Placebo-/Sham-Gruppen. Darüber hinaus zeigte sich, dass eine stärkere therapeutische Allianz insgesamt einen positiven Einfluss auf das Schmerzempfinden sowohl in der aktiven als auch in der Placebo/Sham-Gruppe hatte. Dieses Ergebnis unterstreicht die Bedeutung der therapeutischen Beziehung und des Behandlungskontextes und zeigt eindrücklich, dass diese Faktoren den Therapieerfolg beeinflussen können.
Die Relevanz von interprofessioneller Zusammenarbeit im Gesundheitswesen wurde bei der Posterpräsentation von Prof. Dr. Christina Groll deutlich. Sie hat eine qualitative Studie zu den Einstellungen von Lehrkräften zu Verständnis, Bedeutung und Mehrwert der interprofessionellen Zusammenarbeit vorgestellt. Das Ergebnis der acht Fokusgruppen in den DACH-Ländern verdeutlicht, dass eine erfolgreiche Versorgung von Patient*innen ein einheitliches, gefestigtes Verständnis erfordert, das bereits in der Lehrkräfteentwicklung verankert werden sollte.
„Der internationale Austausch, das Kennenlernen bedeutender Fachorganisationen und inspirierende Gespräche über die Rolle von Gesundheit im globalen Kontext haben diesen Kongress besonders bereichert. Die zahlreichen Networking-Möglichkeiten haben gezeigt, wie vielfältig sich die Physiotherapie weltweit weiterentwickelt – und wir sind stolz, Teil dieser dynamischen Bewegung zu sein“, so die an der HS Bochum international promovierende Pia Rings über den Konferenzbesuch.