Lehrpreisträgerin 2025 im Interview

21.05.2025 Magazin

Prof. Dr. Michaela Ludewig für herausragende Leistung in der Lehre geehrt.

Dr. Michaela Ludewig, Professorin für Public Health mit dem Schwerpunkt Umwelt und Gesundheit, ist mit dem Lehrpreis 2025 der Hochschule Bochum ausgezeichnet worden. Mit dem Preis würdigt die Hochschule besonderes Engagement in der Lehre. Nominiert werden die Lehrpreis-Kandidat*innen von den Studierenden. Ein Auswahlausschuss, in dem alle Hochschulstatusgruppen vertreten sind, sichtet und bewertet die Vergabevorschläge und besucht die Lehrveranstaltungen der vorgeschlagenen Personen. Anschließend erarbeitet er eine Vergabeempfehlung für das Präsidium der Hochschule, das den Preis nun auf dem Jahresempfang der Hochschule verliehen hat. Im Interview berichtet Prof. Dr. Michaela Ludewig aus ihrer Lehre.

Erinnern Sie sich an Ihre allererste Lehrveranstaltung? 

Prof. Dr. Michaela Ludewig: Meine allererste Lehrveranstaltung war ein mit Kolleg*innen gemeinsam gestaltetes Seminar. Unsere Idee war, Gesundheitsverhalten mit Experimenten zu erproben. Vollgepackt mit Equipment kamen wir in den Hörsaal, im Gepäck unter anderem eine Ultra-Violett-Kamera, die erkennt, ob ein Sonnenschutzmittel richtig und vollständig aufgetragen wurde, um einen effektiven Schutz vor schädlichen UV-Strahlen zu gewährleisten. Wir haben uns angeschaut, wie gut wir uns selbst mit Sonnenschutzmitteln eincremen. Alle Studierenden haben bei diesem Experiment mitgemacht und am Ende ließ sich ein Muster erkennen: Frauen ließen vermehrt den Haaransatz beim Eincremen aus, Männer den Bereich um Bart und Augen. Ein spannendes Experiment, wenn es um Gesundheitsverhalten geht. Meine erste „richtige“ Vorlesung war geprägt vom Kennenlernen des Gesundheitsbegriffs. Zu Beginn sollten sich die Studierenden mit ihrer oder ihrem Sitzbar*in darüber austauschen, was Gesundheit eigentlich für sie bedeutet. Murmelrunde nennt sich diese Lernmethode in der Hochschuldidaktik. Sie lässt sich einfach durchführen, aktiviert die Studierenden und fördert ihr Eintauchen in ein Thema. Ihre Gedanken haben die Studierenden auf Karten festgehalten und im Plenum zusammengetragen. Verglichen haben wir diese dann mit Definitionen aus Lehrbüchern oder Gesundheitsinstitutionen. Wir haben uns also verschiedene Perspektiven auf den Gesundheitsbegriff angeschaut. 

Hand aufs Herz: Waren Sie nervös bei Ihrer ersten Vorlesung?

Prof. Dr. Michaela Ludewig: Ja, auf jeden Fall und auch das sei verraten: Ich bin es immer noch – nicht immer, aber immer wieder. Insbesondere wenn Gäste in meine Lehre kommen oder wenn besondere, meist sensible Themen im Mittelpunkt stehen. Gesundheitsthemen sind manchmal sehr erfahrungsbasiert und emotional, zum Beispiel, wenn wir über die Früherkennung von Hautkrebs sprechen. Das spiegelt sich dann in den Diskussionsrunden wider. Nervosität kommt bei mir aber auch auf, wenn ich etwas Neues ausprobiere, was ich zugegebenermaßen gerne mache. Ich lasse mich auch nicht so schnell unterkriegen, falls etwas mal nicht im ersten Anlauf klappt. Dann ist Feedback von Studierenden wertvoll und es ist wichtig, dieses als Lehrperson auch anzunehmen.

Was ist Ihnen heute bei der Gestaltung Ihrer Lehre wichtig? 

Prof. Dr. Michaela Ludewig: Transparenz. Was ist das Ziel eines Moduls? Was wird am Ende geprüft? Und welcher Weg führt dorthin? Sicherlich auch ein Praxisbezug: Was hat das, was die Studierenden lernen mit ihrem künftigen beruflichen Alltag zu tun? Außerdem ist mir Offenheit für Neues, für Themenwünsche und Meinungsvielfalt wichtig. Zum Semesterstart habe ich einen Plan erarbeitet, wie ich mir das Semester vorstelle, was ich anbieten und vermitteln möchte. In einem Modul zu Prävention im Kontext von Diversity stellte sich dann heraus, dass die Studierenden sich sehr für Fake News im Gesundheitsbereich interessieren und nur wenig Vorkenntnisse darüber haben. Also habe ich zum Beispiel spontan mit den Studierenden darüber diskutiert, was Künstliche Intelligenz kann, wo aber auch ihre Grenzen liegen. Ich finde es wichtig, im Semester auf solche Wünsche reagieren zu können, Themen von Studierenden aufzugreifen. Ich greife auch gerne aktuelle Themen aus den Medien auf, die die Studierenden ebenfalls mitbekommen und beleuchte spontan mit ihnen, was diese Entwicklung für sie und ihren künftigen Berufsalltag bedeutet. Eine aktive Lehre zu gestalten ist für mich bedeutsam. Die Studierenden sollen sich Inhalte auch selbst erarbeiten, mit unterschiedlichen analogen und digitalen Methoden und im Austausch mit anderen Studierenden. Sie lernen in Gruppen zu arbeiten, zu kooperieren, sich gegenseitig Rückendeckung zu geben. Teamarbeit mit meiner Lehre zu fördern finde ich unerlässlich, denn genau solch ein Teamdenken werden die Studierenden brauchen, wenn sie in den Beruf übergehen. Außerdem finde ich Gastvorträge bereichernd, ich lade daher gerne Gäste aus der Praxis in meine Lehre ein. 

Was macht gute Lehre für Sie aus?

Prof. Dr. Michaela Ludewig: Gute Lehre wird von vielen Seiten gestaltet. Gute Lehre ist Teamarbeit. Sie beginnt bei der Stunden- und Raumplanung, geht über funktionierende Technik über zu einer angenehmen Lehr- und Lernatmosphäre bis hin zur Gestaltung der jeweiligen Veranstaltung. Gute Lehre braucht Studierende, die bereit sind, sich auf Inhalte und Methoden einzulassen, etwas auszuprobieren oder auch mal die eigene „Komfortzone“ zu verlassen. Und gute Lehre braucht Kolleg*innen, die kollegial beraten, wenn es erforderlich ist und damit Weiterentwicklung von guter Lehre ermöglichen. 

Wie entwickeln Sie Ihre Lehre stetig weiter? 

Prof. Dr. Michaela Ludewig: Vieles entsteht aus dem Austausch mit Studierenden, aus den konkreten Rückmeldungen zu Inhalten und Vorgehensweisen, aus Lehrevaluationen und Fortbildungen. Aber auch aus dem Austausch mit Kolleg*innen, zum Beispiel im Rahmen von gemeinsamer Lehre. Ich bin häufig Teil eines Lehrtandems und finde das super. Mit einem Kollegen, der die Professur für Gesundheitsökonomie und -politik bekleidet, lehre ich zum Beispiel das Modul Versorgungsforschung, in dem Studierende erarbeiten, wo es heutzutage noch Versorgungslücken gibt und eigene Versorgungsforschungsprojekte entwickeln. Wir gestalten das Lehr-Lern-Konzept des Moduls gemeinsam und das macht richtig Spaß. Eine Gruppe von Studierenden beschäftigt sich zum Beispiel mit der Versorgung junger Erwachsener, die Angehörige von Menschen mit Demenz sind und analysiert, welche Unterstützungs- und Entlastungsangebote für diese Gruppe hilfreich sein könnten. Eine weitere Gruppe fokussiert sich auf männliche Leistungssportler, die vielleicht eine Essstörung haben und entwickelt hierfür Ideen zur Optimierung der Versorgung. Wieder eine andere Gruppe möchte Versorgungslücken auf dem Land schließen. Lehre findet nicht isoliert statt, sondern im Austausch und Netzwerk miteinander.

Was ist Ihnen besonders wichtig, Studierenden mit auf den Weg zu geben?

Prof. Dr. Michaela Ludewig: Neugierig zu sein, Fragen zu stellen und ihr Berufsfeld zu entdecken – an der Hochschule und in der Praxis.

Bitte ergänzen Sie folgenden Satz: Ein Studium ist in meinen Augen …

… eine tolle Möglichkeit, sich selbst weiterzuentwickeln.


Das Interview führte Daniela Schaefer, Online-Redakteurin