Zwischen Pflege-Studium und koreanischer Kampfkunst

17.07.2025 Magazin

Studentin Anna Monika Siepmann bei FISU World University Games.

Seit 15 Jahren widmet sich Anna Monika Siepmann der koreanischen Kampfkunst Taekwondo. Fotos: HSBO/ds

Mit sechs Jahren geht sie zum ersten Mal zum Taekwondo-Training. „Mein Vater wollte das ich mich als Frau selbst verteidigen kann. Das sich das Taekwondo-Training dann derart erfolgreich für mich weiterentwickelt, war so nicht geplant“, erzählt Anna Monika Siepmann. Seit 15 Jahren widmet sich die Leistungssportlerin, die den Bachelorstudiengang Pflege an der Hochschule Bochum studiert, der koreanischen Kampfkunst, nimmt erfolgreich an nationalen wie internationalen Wettkämpfen teil. Nun wird Anna Monika Siepmann bei den Rhine-Ruhr 2025 FISU World University Games antreten. 

Bei der internationalen Sportveranstaltung, die in diesem Jahr von Mitte bis Ende Juli stattfindet, kämpfen studentische Spitzensportler*innen aus rund 150 Ländern in 18 Sportarten um eine Medaille. Allein der Allgemeine Deutsche Hochschulsportverband, bei dem auch die Hochschule Bochum Mitglied ist, entsendet über 300 Athlet*innen.

Anna Monika Siepmann wird in der Taekwondo-Formenlauf-Disziplin Poomsae antreten. „Poomsae sind festgelegte Bewegungsabläufe, sogenannte Formen, die auf der Fläche in vorgegebener Reihenfolge vor den Kampfrichtern sehr exakt, kraftvoll und dynamisch ausgeführt werden müssen. Gekämpft wird gegen imaginäre Gegner, die einen angreifen, wir nennen das auch Schattenkämpfen. Dabei ist ein hohes Maß an Konzentration, Körper- und Atmungskontrolle gefragt. Körper und Geist müssen sehr gut miteinander harmonieren“, erklärt Anna Monika Siepmann. Die 21-Jährige hat bereits erfolgreich im Einzel- und Teamwettbewerb an Deutschen Meisterschaften ebenso wie an Europa- und Weltmeisterschaften teilgenommen. Auch bei den World University Games wird sie im Team antreten. „Ich werde mit zwei weiteren erfahrenen Taekwondo-Kämpferinnen starten, worüber ich mich freue, weil Sport im Team noch mehr Spaß macht. Wir kennen uns als Konkurrentinnen aus Einzelkämpfen, zwischen uns ist über die Zeit im Nationalteam aber auch eine Freundschaft gewachsen.“

Die World University Games im eigenen Land, für Anna Monika Siepmann ein besonderes Erlebnis: „Ich werde alles an positiver Atmosphäre aufsaugen, was geht. Meine Familie, aber auch Freunde aus der Hochschule werden bei Wettkämpfen zuschauen. Auch Lehrende aus der Hochschule werden bei der Veranstaltung vorbeischauen, was mich freut.“ Das gemeinsame Ziel ist gesteckt: eine Medaille. „Wir starten zu Dritt auf der Fläche und müssen die festgelegten Bewegungsabläufe möglichst synchron ausführen. Außer im Finale, da wird eine freie Abfolge mit Angriff- und Verteidigungstechniken durchgeführt.“ Der sogenannte Freestyle-Poomsae ist für Anna Monika Siepmann neu. „Im Freestyle-Poomsae kommen auf hohem Niveau Sprungtechniken und Akrobatikelemente hinzu, in die zum Beispiel Kicks integriert sind. Außerdem werden die Bewegungsabläufe durch Musik begleitet. Im Freestyle-Poomsae müssen wir untereinander in den Bewegungen nicht mehr synchron sein, aber die Schläge, Tritte, Blöcke, die jede von uns in der Choreografie ausführt, müssen exakt auf der Musik sitzen, was herausfordernd ist. Überlegt man nur eine Sekunde, welche Bewegung als nächstes folgt, ist man schon nicht mehr auf der Musik.“

Angefangen hat Anna Monika Siepmann mit dem Taekwondo 2010 beim TuS Ende in ihrer Heimatstadt Herdecke, vor neun Jahren wechselt sie zum Verein Redfire in Niedersachsen. Als Landestrainerin Technik der Niedersächsischen Taekwondo Union gibt sie ihr Können heute auch an den Nachwuchs weiter. Sport und Studium unter einen Hut zu bekommen, ist für Anna Monika Siepmann nicht immer einfach. Viermal pro Woche versucht sie zu trainieren. An den Wochenenden stehen häufig Wettkämpfe an. Hinzu kommen Trainingslager. In ihrer Heimat Herdecke macht sie Kraft- und Ausdauertraining, für das Trainieren der Taekwondo-Techniken reist sie regelmäßig nach Niedersachsen. Fast 200 Kilometer pendeln bis zum Trainingsort. „Ein regelmäßiges Training ist enorm wichtig, um keinen Leistungsabfall zu riskieren. Das Studium möchte ich aber genauso wenig missen, weil es sehr interessant ist.“ Wie Anna Monika Siepmann beides unter einen Hut bekommt? „Das frage ich mich manchmal auch. Man muss das schon wollen und dann ist es ganz viel Planung. Wenn ich von 8:00 Uhr bis 16:00 Uhr an der Hochschule bin, dann zwei bis drei Stunden Training dranhänge, anschließend den Vorlesungsstoff aufarbeite, bin ich auch durch mit dem Tag.“ 

Anna Monika Siepmann kommt bald ins fünfte Semester. „Ich habe neben meinem Abitur bereits in einem Altenheim gejobbt und dort erfahren dürfen, dass der Pflege-Beruf stark vom Interagieren mit Menschen geprägt ist, das gefällt mir. Die Altenpflege ist heute auch mein Schwerpunkt.“ Hilfsbedürftige ältere Menschen später zu unterstützen, ist für Anna Monika Siepmann eine Motivation fürs Studium. „Ich finde den Pflege-Beruf aber auch spannend, weil man auf viele unterschiedliche Menschen trifft und sich auf jeden ein Stück weit anders einlassen muss. Als Pflegefachkraft ist Kommunikationsstärke gefragt, dazu hatten wir auch bereits ein lehrreiches Modul, in dem wir unterschiedliche Beratungsmodelle für Patient*innengespräche kennengelernt haben.“ Anna Monika Siepmann überlegt kurz und ergänzt dann: „Das Schöne am Pflege-Studium ist auch, dass es sehr vielfältig aufgebaut ist. Es geht nicht nur um rein pflegerische Handgriffe, weil Pflege eben noch so vieles mehr ist. Wir erwerben Kompetenzen aus der Psychologie, lernen medizinische Inhalte wie den Aufbau und die Funktionsweisen der Organe und hatten in diesem Semester auch ein Modul zum interprofessionellen Handeln. Dort haben wir mit Studierenden aus anderen Disziplinen, zum Beispiel der Ergotherapie und der Logopädie, gemeinsame Vorlesungen besucht, in denen wir an konkreten Fällen durchgegangen sind, welche Handlungsbedarfe jede Disziplin hat. Das ist eine gute Vorbereitung auf den Alltag. Auch auf die Lehrinhalte zur Heilkunde freue ich mich schon.“ 

Anna Monika Siepmann: „Das Schöne am Pflege-Studium ist auch, dass es sehr vielfältig aufgebaut ist.“ 

Besonders gerne ist Anna Monika Siepmann in den Skills-Labs, den anwendungsorientierten Lehrräumen der Hochschule. „Dort lernen wir pflegerische Techniken wie das Aufziehen von Medikamenten, die Verabreichung einer Injektion oder die Lagerung von Patient*innen zum Beispiel mit einer Lungenerkrankung. Wir werden dort detailliert auf die Praxis vorbereitet, indem wir Fälle, auch komplexe Fälle, aus dem Pflegealltag trainieren.“ Das Pflege-Studium eröffnet viele berufliche Wege, für Anna Monika Siepmann war das auch das wichtigste Entscheidungskriterium fürs Studium. „Ich kann nach dem Studium in der Pflege arbeiten, also direkt am Patient*innenbett. Genauso gut kann ich aber auch ein pflegepädagogisches Masterstudium anschließen, in die Bildung gehen und zum Beispiel an einer Pflegeschule unterrichten. Mit einem Promotionsstudium könnte ich auch in die Forschung gehen. Ich habe mit dem Studium viele Möglichkeiten und das Schöne ist, ich kann mir zum jetzigen Zeitpunkt alle sehr gut vorstellen.“ Nur in einem Punkt, da hat sich Anna Monika Siepmann bereits festgelegt: „Wo es beruflich für mich auch hingeht, der Sport kommt mit.“


Bericht: Daniela Schaefer, Online-Redakteurin