Zwischen Rudersport und Wirtschaftsingenieurwesen

23.07.2025 Magazin

Student Simon Haible bei FISU World University Games.

Simon Haible dreht sich lächelnd um. Sein Blick fällt auf ein schmales Holzbrett, das an einer Wand hängt. Dicht an dicht baumeln sie dort – seine Erfolge. Medaille für Medaille. „Ich bin schon etwas verwöhnt“, sagt der Ruderer. Seit zehn Jahren fährt der Leistungssportler, der den Bachelorstudiengang Wirtschaftsingenieurwesen mit der Vertiefung Maschinenbau an der Hochschule Bochum studiert, im Ruderboot auf der Erfolgsspur. Nun wird Simon Haible bei den Rhine-Ruhr 2025 FISU World University Games antreten. 

Bei der internationalen Sportveranstaltung, die in diesem Jahr von Mitte bis Ende Juli stattfindet, kämpfen studentische Spitzensportler*innen aus rund 150 Ländern in 18 Sportarten um eine Medaille. Allein der Allgemeine Deutsche Hochschulsportverband, bei dem auch die Hochschule Bochum Mitglied ist, entsendet über 300 Athlet*innen.

Simon Haible wird im Männer-Vierer starten. In der Bootsklasse treiben vier Ruderer das Rennruderboot mit jeweils einem Riemen an. Ein Steuermann ist nicht mit an Bord, die Athleten steuern Boot und Ruderfrequenz selbst. Neben der sportlichen Betätigung unter freiem Himmel gefällt Simon Haible am Rudern besonders der Teamgedanke. „Rudern ist eine Mannschaftsleistung. Eine gute Koordination und Synchronisation zwischen uns Ruderern ist entscheidend für die Kraftübertragung und die Geschwindigkeit des Bootes. Gemeinsam das Boot schnell zu machen und sich als Team mit jedem Schlag einen weiteren Prozentpunkt zu verbessern, das macht Rudern aus.“ Auch abseits des Wassers schätzt der 22-Jährige das Gemeinschaftsgefühl. „Nach langen Trainingstagen miteinander das Boot zu putzen, zusammen Zeit am Bootshaus zu verbringen – dieses Gemeinschaftsgefühl floss stark in meine Entscheidung für genau diese Sportart mit ein.“

Simon Haible kommt aus Rheinland-Pfalz, aus einem kleinen Ort in der Nähe der Mosel. Auf dem Gymnasium besucht er eine Ruder-AG und knüpft Kontakt zum örtlichen Ruderverein Treis-Karden. Ein Jahr später rudert er im Leistungssportbereich. Heute hat Simon Haible bei Deutschen Meisterschaften schon mit jeder Bootsklasse mindestens eine Medaille erreicht, insgesamt wurde er sieben Mal Deutscher Meister und auch bei der Weltmeisterschaft 2024 hat er bereits eine Goldmedaille erzielt.

Bei den World University Games fahren die Studierenden die olympische Ruderstrecke von 2.000 Metern. „Die Wettkampfdistanz ist eine enorme Kraftanstrengung, den Endspurt spürt man in nahezu allen Muskelgruppen. Wichtig ist es, in diesen Momenten mental stark zu sein, sich klar zu machen, noch einmal alle Kraft aufzubringen und die Schmerzen auch die letzten 100 Meter noch zu ertragen“, sagt Simon Haible. Dann lächelt er und ergänzt: „Im Rudersport lernen wir, uns die letzten Meter quälen zu können, da wachsen wir mit jedem Wettkampf immer mehr hinein.“ Die World University Games sind für den Leistungssportler ein bedeutendes Ereignis. „Das ist ein riesiges internationales Sportevent. Ich freue mich auf den sportlichen Wettkampf, aber auch darüber, die Atmosphäre der internationalen Spiele mitzunehmen und in Kontakt mit Sportler*innen auch anderer Disziplinen und Länder zu kommen.“

Für seine Wettkämpfe trainiert Simon Haible heute am Bundesstützpunkt der Ruder-Nationalmannschaften in Dortmund. Mit dem Boot geht es dann über den Dortmund-Ems-Kanal. Dort wurde auch der Rennplan für die World University Games erarbeitet. „Wann fahren wir einen Spurt, wann ziehen wir auf der Distanz nochmals an, wann planen wir am Gegner vorbeizufahren – all diese Fragen gehören zur taktischen Vorbereitung auf solch einen Wettkampf.“ Simon Haible hat bei der Wahl der Hochschule darauf geachtet, einen Stützpunkt zum Trainieren in der Nähe zu haben. „Mir ist es wichtig zu studieren, ich möchte aber auch das Rudern auf jeden Fall weiterverfolgen.“ Neben dem Studium geht Simon Haible jeden Tag zum Training. Zehn bis vierzehn Trainingseinheiten pro Woche absolviert der Ruderer. Unmittelbar vor Wettkämpfen hat er drei Trainingsblöcke am Tag. Wie er Sport und Studium unter einen Hut bekommt? „Das ist viel Planung und Abstimmung, aber die Hochschule unterstützt mich, wo es möglich ist, daher funktioniert für mich beides gut nebeneinander.“

Simon Haible kommt ins siebte Semester des Studiengangs Wirtschaftsingenieurwesen. Der Studiengang kann in den drei Vertiefungsrichtungen Bau, Elektrotechnik oder Maschinenbau studiert werden. Simon Haible hat Maschinenbau gewählt. „Die Mischung aus wirtschafts- und ingenieurswissenschaftlichen Erkenntnissen, die wir gewinnen, macht das Studium sehr abwechslungsreich. In den einen Vorlesungen geht es unter anderem um Investition und Finanzierung, Marketing, Unternehmensrechnung oder Wirtschaftsrecht. In den anderen zum Beispiel um Werkstofftechnik, Fertigungsverfahren, technische Zeichnungen oder Werkzeugmaschinen wie Dreh- und Fräsmaschinen, deren Funktionsweise wir in der Mechanischen Werkstatt kennengelernt haben. In den hochschuleigenen Werkstätten und Laboren haben wir Bauteile konstruiert oder mit moderner Software gearbeitet, die heutzutage in der Fabrikplanung eingesetzt wird. Solche praktischen Einblicke im Studium machen besonders Spaß, ebenso Exkursionen zu Firmen.“ 

Ab dem dritten Studienjahr können die Studierenden aus einem Wahlmodulkatalog Fächer entsprechend ihren individuellen Interessen auswählen, um sich gezielt auf ihre berufliche Ausrichtung vorzubereiten. „Im Maschinenbau habe ich mich für die Fächer Fabrikplanung und Fabriksimulation sowie die Fertigungsplanung entschieden, im Wirtschaftsbereich für Supply Chain Management. Dort geht es darum, Produktionsprozesse zu optimieren, indem entlang der Strategie eines Unternehmens Pläne für dessen Lieferkette entwickelt werden – von der Beschaffung, über die Produktion und Lagerhaltung, bis hin zu Transport und Vertrieb. Im Studium lernen wir solche SCM-Projekte durchzuführen und im Unternehmen zu etablieren“, erzählt Simon Haible. Die Wahlfächer entsprechen auch der beruflichen Richtung, die Simon Haible anstrebt. „Mit Beginn des Studiums wusste ich nicht so richtig, wo ich meinen beruflichen Schwerpunkt setzen möchte, ich wusste nur, dass ich mit dem Studium breit aufgestellt sein werde. Durch die vielen verschiedenen Module bekommt man aber ein gutes Gespür für die eigenen Neigungen und Stärken und dafür, welche Fächerschwerpunkte man später beruflich weiterverfolgen möchte. Ich habe im Studium mein Interesse für die Fertigungsplanung und Logistik entdeckt. Bereiche, in denen ich mir eine berufliche Zukunft neben dem Rudern vorstellen kann.“ Studium und Spitzensport zu vereinen, würde Simon Haible jederzeit wieder machen. „Das Studium ist auch ein perfekter Ausgleich zum Sport.“


Bericht: Daniela Schaefer, Online-Redakteurin