Exkursion nach Mitteldeutschland: Studierende der BIM-Vertiefung erleben Geodäsie in der Praxis
Vom 10. bis zum 12. Juni 2025 begaben sich elf Teilnehmende, darunter neun Studierende des 6. Semesters, auf eine dreitägige Exkursion nach Mitteldeutschland. Die Fahrt fand im Rahmen der Vertiefungsrichtung „Building Information Modeling (BIM)” im Bachelorstudiengang Vermessung des Fachbereichs Geodäsie statt. Ziel war es, durch den Besuch ausgewählter Großprojekte praxisnahe Einblicke in aktuelle Entwicklungen der Bau- und Vermessungstechnik zu erhalten und den Einsatz von BIM-basierten Prozessen zu erleben.
Tag 1: Großprojekt „Autobahnbau“

Am Dienstagmorgen startete die Exkursionsgruppe vom Campus der Hochschule Bochum und machte sich gemeinsam auf den Weg Richtung Magdeburg. Nach Ankunft an der Jugendherberge, und nachdem die Gruppe ihre Zimmer bezogen hatte, stand am Nachmittag der erste Programmpunkt an: die Baustelle der Autobahn A 14 im Abschnitt Lüderitz–Stendal Mitte.
Nach freundlicher Begrüßung durch Vertreter:innen der Autobahn GmbH- Niederlassung Ost, erhielt die Gruppe einen fachlich fundierten Überblick zur Planung und zum Bau des neuen Autobahnabschnittes. Die A 14 soll langfristig eine durchgehende Verbindung zwischen Wismar und Leipzig schaffen und ist mit ihren rund 155 Kilometern das aktuell größte deutsche Autobahnneubauprojekt. Die Autobahn ist ein zentraler Bestandteil für den Lückenschluss im mitteldeutschen Verkehrsnetz.

Bei einer geführten Besichtigung konnten die Studierenden die laufenden Bauarbeiten aus nächster Nähe erleben. Besonders im Fokus standen die Erdarbeiten für die neue Trasse sowie der Bau mehrerer anspruchsvoller Brückenbauwerke, unter anderem zur Überführung bestehender Bahnstrecken. Die Erläuterungen über das Zusammenspiel von Geodäsie, Bauplanung und Umsetzung boten wertvolle Einblicke in die Komplexität solcher Großprojekte, insbesondere in Bezug auf die Rolle digitaler Planungs- und Steuerungstools wie BIM.
Der erste Exkursionstag fand seinen Abschluss bei einem gemeinsamen Abendessen, das in einer entspannten Atmosphäre in einem regionalen Brauhaus serviert wurde. Der persönliche Austausch zwischen Studierenden und Lehrenden trug zur gelungenen Mischung aus Fachlichkeit und Gemeinschaft bei.
Tag 2: Energieversorgung, Tiefbautechnik und Zeitgeschichte




Der Mittwochmorgen begann mit gleich zwei Baustellenbesuchen der Höchstspannungsleitung Süd-Ost-Link, die zu den bedeutendsten Energieinfrastrukturprojekten Deutschlands zählt. Die Leitung soll zukünftig dazu beitragen, große Mengen an regenerativ erzeugtem Strom aus dem Norden in den Süden des Landes zu transportieren. Der Transport über Landesgrenzen hinweg stellt eine beachtliche technische und logistische Herausforderung dar, die durch unterschiedliche Bau- bzw. Bohrverfahren bewältigt wird.
Die Teilnehmenden erhielten umfassende Informationen zur unterirdischen Verlegung der Kabeltrassen, besichtigten die eigens eingerichteten Kunststoffschweißanlagen für die Leerrohre und konnten sich ein Bild von den enormen Dimensionen der Bauarbeiten machen.
Besonders beeindruckend war die Baustelle für das sogenannte HDD-Verfahren (Horizontal Directional Drilling), bei dem ein sensibler Bereich – in diesem Fall ein geschütztes Biotop – unterirdisch mit modernster Technik durchbohrt wurde. Die geodätische Planung und Überwachung solcher Maßnahmen konnten so praxisnah und anschaulich vermittelt werden.
Nach einer Stärkung sollte es direkt weiter zur Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn am ehemaligen innerdeutschen Grenzübergang Marienborn gehen. Eine unvorhergesehene Bulli-Panne führte allerdings dazu, dass die bis dahin perfekte Zeitplanung ins Wanken geriet, doch die Flexibilität und Souveränität des Betreuers sowie die kurzfristig hilfsbereite Kfz-Werkstatt trugen dazu bei, dass die Tagesplanung nicht weiter abgeändert werden musste. Nach einem kurzen Zwischenstopp bei der ortsansässigen Werkstatt konnte die Fahrt schnell fortgesetzt werden, sodass auch der kulturelle Bildungsaspekt nicht zu kurz kam.
Hier bot sich die Gelegenheit, in die historische Bedeutung dieses Ortes einzutauchen und sich die Ausmaße der Grenzanlagen der ehemaligen innerdeutschen Grenze vor Augen zu führen.
Am Abend erreichte die Gruppe die Stadt Helmstedt, wo in gemeinsamer Runde der Tag Revue passiert werden konnte.
Tag 3: Unter Tage – Geodäsie im Endlager


Der dritte und letzte Exkursionstag führte die Teilnehmenden tief unter die Erde, nämlich zum ehemaligen Salzbergwerk und heutigen Atommüll-Endlager Morsleben. Nach einer aufwendigen Sicherheitskontrolle, die dem Standard eines Atomkraftwerks entsprach, ging es per Förderkorb rund 400 Meter in die Tiefe.
Im unterirdischen Bergwerk erhielten die Studierenden detaillierte Informationen über die eingesetzten geodätischen Überwachungsmethoden zur Gewährleistung der Standsicherheit des Grubenbauwerks. Dabei wurde insbesondere auf das sogenannte Markscheidewesen eingegangen, ein Spezialgebiet der Vermessung, das sich mit der Planung und Kontrolle von Abbaubetrieben unter Tage befasst. Die Ausmaße der Hohlräume, die teils mehrere zehntausend Kubikmeter umfassten, waren ebenso beeindruckend wie die technische Präzision, mit der hier gearbeitet wird.
Ein besonderes Highlight war die Anwendung von Building Information Modeling im Kontext des Endlagers. Mithilfe der HoloLens-Technologie konnten die Studierenden virtuelle Modelle von Testbauwerken betrachten, die im Zuge der geplanten Verfüllung der gesamten Anlage unter Tage errichtet werden sollen. Die Verknüpfung von realer Umgebung und digitalem Modell verdeutlichte eindrucksvoll das Potenzial von BIM für komplexe Infrastrukturprojekte, insbesondere in ungewöhnlichen Anwendungsfeldern wie dem untertägigen Anlagenbau.
Fazit: Fachlicher und praxisnaher Tiefgang

Die Exkursion nach Mitteldeutschland bot den Studierenden der BIM-Vertiefung eine einmalige Gelegenheit, ihr theoretisches Wissen mit realen Anwendungen zu verknüpfen. Die Vielfalt der besuchten Projekte – vom Autobahnbau über Energieinfrastruktur bis hin zu unterirdischen Endlagerlösungen – machte deutlich, wie breit das Berufsfeld der Geodäsie heute aufgestellt ist. Besonders die praxisnahen Einblicke in Planung, Vermessung und Digitalisierung hinterließen bei allen Teilnehmenden einen nachhaltigen Eindruck.
Neben dem fachlichen Input trug auch das gemeinsame Erleben in der Gruppe wesentlich zum Erfolg der Fahrt bei. Die Exkursion war somit nicht nur eine fachliche Bereicherung, sondern trug auch zur Studienmotivation und zum Gemeinschaftsgefühl innerhalb des Studiengangs bei.