Viele Persönlichkeiten. Zwei Standorte. Eine BO.

Phaeton 2004

Die Phaethon 2004 fand im Rahmen der offiziellen Kultur-Olympiade der griechischen Regierung statt. Sie führte auf öffentlichen Straßen 800 km  rund um Athen, vorbei an den historischen Stätten von Delphi und Olympia. Schirmherr des Rennens war die internationale Rennsportorganisation FIA, organisiert wurde das Event vom Automobil- und Touring-Club Griechenland in Zusammenarbeit mit dem Hellenic Institute of Electric Vehicles.

13. Mai 2004: HansGo! auf dem Weg nach Olympia

HansGo!, das Solarmobil der Hochschule, nimmt am griechischen Solarrennen "Phaethon 2004" teil, das auf öffentlichen Straßen 800 km rund um Athen, vorbei an den historischen Stätten von Delphi und Olympia, ein internationales Starterfeld anzieht...


16. Mai 2004: Warten auf Hans

Mitten in der Nacht, 3:30 Uhr. Um diese Zeit sind wohl bis dahin noch kein Studierenden am Eingang der Fachhochschule Bochum aufgetaucht, es sei denn, die ASTA-Fete hätte so lange gedauert. Heute treffen sich 9 von ihnen zu nachtschlafender Zeit, um rechtzeitig in den Flieger nach Athen zu steigen, der sie zum internationalen Solarcarrennen Phaethon 2004 bringen soll.

Der LKW mit HansGo!, dem Solarflitzer des Teams, fährt schon seit Donnerstag mit Thomas Hengmith, dem Teamchef und Tobias Terlau an Bord Richtung Venedig, um von dort die Fähre nach Patras, 200 km vor Athen, zu nehmen. In München gab es einen Zwischenstopp, um das Solarmobil "Heliodet" von Detlef Schmitz einzuladen, dem das Team der FH Bochum spätestens seit dem letzten Australienabenteuer bei der World Solar Challenge 2003 freundschaftlich verbunden ist. Und natürlich kommt es, wie es kommen musste: HansGo! wird später als geplant in Athen eintreffen. Nicht 10 Tage, wie in Australien, sondern zum Glück nur einen. Denn das merkwürdigen Buchungssystems der italienischen Reederei lässt LKW-Reservierungen erst eine Woche vor dem Fährtermin zu. Wenn aber dann die Fähre mit PKWs ausgebucht ist, hat man leider Pech gehabt.

10:30 Uhr Landung in Athen. Wir werden am Flughafen erwartet. Ein freundlicher Herr vom Organisationskomitee der "Phaethon 2004" mit einem handgemalten Hans Go!-Team-Schild empfängt uns und will uns zu unserem Hotel geleiten. Vorher gilt es aber, eine Bestandsaufnahme sämtlicher Beulen und Macken zu veranlassen, die unsere Leihwagen "zieren", bevor sie von uns auch nur einen Meter bewegt wurden. Ein kleiner Vorgeschmack auf den griechischen Fahrstil und seine Auswirkungen...

Die Fahrt zum Hotel im südlichen Stadtteil Glyfada bestätigt alle Meldungen, die man bisher gehört hat. Alle Hauptverkehrsstraßen werden offensichtlich mehrspurig erweitert, um die für Olympia erwarteten Besucherströme staufrei durch die Stadt zu leiten. Selbst heute am Sonntag wird emsig gearbeitet. Angesichts des Standes der Bauarbeiten scheint aber eine Herkulestat nötig, um bis zum Beginn der Spiele fertig zu werden.

Am Mittag erste Erkundung der Umgebung des Hotels: Ein Internetcafe keine 5 Fußminuten entfernt, die Berichterstattung für die erste Woche ist gesichert. Nach längerem Suchen findet sich dann auch eine kleine Taverne, deren Preisniveau noch nicht olympische Höhen erreicht hat.


17. Mai 2004: Hans kommt

Der LKW mit HansGo! wird für heute Nacht erwartet. Ein guter Tag also, um die Infrastruktur für die Rennvorbereitungen abzuklären. Dazu gehören neben einem preiswerten Supermarkt für die Verpflegung natürlich auch ein gut sortierter Baumarkt, der sich in Form einer auch in Deutschland bekannten "praktischen" Kette schnell findet.

Als Werkstatt und Testgelände hat der Veranstalter für alle Teilnehmer den alten Flughafen von Athen vorgesehen. Bis vor einem Jahr war der Airport, mitten in der Stadt gelegen, noch in Betrieb und hat die Bewohner der umliegenden Häuser einige Nerven gekostet. Immer noch rundherum schwer bewacht, liegt das weitläufige Gelände völlig ausgestorben vor uns. Die Wachleute sind sehr hilfsbereit und freuen sich offensichtlich über die Abwechslung im Tagesablauf. Wir dürfen alles genau in Augenschein nehmen. Neben den Hallen, die für die Solarmobile vorgesehen sind, interessiert die angehenden Ingenieure aus dem Team aber vor allem der Flugzeug-Friedhof auf dem Rollfeld. Neben mehreren Kleinflugzeugen und einer Boeing B737 fasziniert vor allem ein Jumbo-Jet, der ohne Triebwerke über den Köpfen der Studierenden aufragt.

Vor den Hallen soll der Testparcour für die technische Abnahme aufgebaut werden. Bis jetzt ist das HansGo!-Team hier aber mit dem Wachmann noch völlig alleine.
Ein bisschen Sorgen macht uns noch die Wetterlage. Mit schöner Regelmäßigkeit zogen in den letzten zwei Tagen zum Nachmittag hin dichte Wolken auf, begleitet vom ein oder anderen Schauer. Ideale Wetterbedingungen für Solarrennwagen sehen anders aus.


18. Mai 2004: Hans startet

Mit 90 km/h schießt ein roter Pfeil über die Startbahn des ehemaligen internationalen Flughafens von Athen. HansGo! als erster auf dem Testparcour der "Phaethon2004", die Studierenden sind begeistert, Hans Gochermann, Hauptsponsor und Namensgeber des Flitzers beeindruckt. "Ihr habt eine Menge dazu gelernt!", attestiert er "seinem" Team von der FH Bochum. Damit spielt er auf das letzte Rennen in Australien an, bei dem Hans Go! als letzter auf der Testrennstrecke erschienen ist.

Am Morgen wurde der LKW ausgeladen, zusammen mit dem zweiten deutschen Team, dessen Solarmobil Heliodet mitgereist war. Mit großer Sorgfalt wird die Elektrik ein letztes Mal geprüft, ein defekter Blinker muss noch repariert werden. Die Mechaniker kümmern sich derweil um die Sponsoraufkleber und das Bekleben der Schlitze zwischen den Solarmodulen.


Nach und nach treffen weitere Solarcars ein, ein taiwanesisches Team, das auch in Australien mit dabei waren und die Tiga-Crew aus Japan, einer von fünf japanischen Teilnehmern. Ihr Fahrzeug wiegt nur 150 kg, ein entscheidender Vorteil bei den Bergetappen der Tour. Das brasilianische Team hat großes Pech beim Transport gehabt, das Fahrwerk und die Frontscheibe sind schwer beschädigt, die Rennteilnahme mehr als ungewiss. Schon hier zeigt sich der olympische Geist der Veranstaltung: Alle Konkurrenten bieten spontan ihre Hilfe an, die Mechaniker von HansGo! wollen beim Schweißen der gebrochenen Fahrwerksteile helfen.

Am Nachmittag kommen Alexander Spoo und Ralf Zweering von einer zweitägigen Erkundungstour zurück. Sie haben die komplette Strecke abgefahren, die HansGo! in der nächsten Woche bewältigen soll. Die Straßen sind wider Erwarten in einem ausgezeichneten Zustand, das Roadbook des Veranstalters weist keine Mängel auf.

Bis 20:30 Uhr jagt HansGo! weiter über die Piste, bis die einbrechende Dunkelheit weitere Testfahrten verhindert.


19. Mai 2004: Hans "heizt"

Die Reifen quietschen, das Hinterrad driftet im leichten Powerslide durch die Kurve. Stefan Balzer, das Geburtstagskind des heutigen Tages, testet die Straßenlage von HansGo!. In engen Kreisen muss die neue Hinterradschwinge ihre Standfestigkeit beweisen. Das weite Flugfeld bietet ideale Testbedingungen für zahlreiche Fahrversuche und Rennsimulationen. Dazu gehört auch das Reifenwechseltraining. Anhalten, Straße absichern, HansGo! aufbocken, Rad wechseln, Hans wieder auf die Straße stellen, Werkzeug und Sicherungsmaterial wieder einladen, alle einsteigen - das alles in 2 Minuten und 20 Sekunden!

Das Principia-Team, im letzten Jahr in Australien nur knapp hinter HansGo! ins Ziel gekommen, ist am Nachmittag eingetroffen. Bisher steht aber nur "Ra V" allein in der Halle. Die College-Studenten aus den USA kämpfen wahrscheinlich noch mit der Zeitverschiebung.

Das PETROBAS-Team der Universität von Sao Paulo, Brasilien hat erstaunliches geleistet und Improvisationstalent bewiesen. Das beim Transport schwer beschädigte Solarmobil wird wahrscheinlich am Rennen teilnehmen können, alle Schäden sind nahezu repariert.

Den Kochlöffel schwingt heute Pietro Aiello, der Austauschstudent aus Cosenza in Süditalien. Wie könnte es anders sein: Auf der Speisekarte stehen Spaghetti mit Tomatensauce. Aromatische Düfte ziehen durch die Halle und machen Appetit, aber eine gute Tomatensauce braucht mindestens 1 1/2 Stunden, erklärt der "Chefkoch" aus der Nähe von Napoli. Also müssen wir uns in Geduld üben und freuen uns auf die original-italienischen Pasta. Pietro hat reichlich gekocht und so sitzen bald auch Detlef Schmitz, die Brasilianer und die Dame vom Wachdienst im kleinen italienischen Ristorante beim HansGo!-Team.


20. Mai 2004: Hans bremst

Kein Feiertag für das HansGo!-Team in Griechenland. Bei strahlendem Sonnenschein hatte der Tag mit weiteren Testfahrten und Bremsprüfungen begonnen, Ralf Hoffmeister sitzt an den "Joysticks", die die neue hydraulische Lenkung ansteuern.

Nach 2 Stunden auf dem Flugfeld macht das Hinterrad plötzlich ungewöhnliche Geräusche: ein Lagerschaden im Motor, wie sich nach der Demontage herausstellt. Jetzt ist guter Rat teuer, denn genau dieses Lager findet sich nicht bei den Ersatzteilen. Hilfe kommt vom Konkurrenten aus den USA. Das Principia-Team setzt den gleichen Motor ein und hat im Gegensatz zu den Deutschen einen kompletten Ersatzmotor dabei. An ihm kann ergründet werden, was warum verschlissen wurde. Es wird aber wohl sehr schwer werden, das passende Ersatzlager zu bekommen. Das College-Team macht uns ein unglaublich großzügiges Angebot: Sie wollen uns ihren kompletten Ersatzantrieb zur Verfügung stellen! Ein Geste, die erneut den Geist dieses Wettbewerbes deutlich werden lässt.


21. Mai 2004: Hans im Stress

Der Tag beginnt mit einem guten Zeichen: Ein Austauschteil für das defekte Lager ist aufgetrieben, der Motor kann repariert werden, so scheint es. Bei weiteren Testfahrten stellt sich aber heraus, dass auch die Motorachse durch die extreme thermische Belastung beim Lagerschaden verzogen ist. Also bleibt nur der Austauschmotor des amerikanischen Principia-Colleg als letzte Rettung, um überhaupt am Rennen teilnehmen zu können. Inzwischen ist es 19:30 Uhr und alles sieht nach einer langen Nacht aus. Aber auch die Top-Stars der Szene, das holländische Nuna-Team und die Australier von Aurora geraten unter starken Zeitdruck, weil sie erst am letzten Vorbereitungstag eingetroffen sind. Die Frage, welche Reifen die besten sind, bewegt viele Experten in der Halle der Solarcars. Die Gummis mit dem niedrigsten Rollwiderstand, speziell von Michelin für Solarrennwagen konstruiert, halten der massiven Querbelastung in den Kurven nicht Stand. Extremer Verschleiß ist die Folge. Eine Alternative gibt es für HansGo! bisher aber nicht, denn das Fahrwerk und die Radöffnungen in der Hülle des roten Renners sind auf die Michelin-Reifen abgestimmt.


22. Mai 2004: Hans ist dabei

Die Arbeiten in der letzten Nacht waren erfolgreich. HansGo! hat einen neuen Motor und fährt wieder. Den heutigen Tag hat der Veranstalter für die technische Abnahme und die Straßentauglichkeitstests vorgesehen. Gleichzeitig sollen die Fahrzeuge der Öffentlichkeit präsentiert werden. Also werden alle Solarcars auf Abschleppwagen des griechischen Automobilclubs verladen und in die Innenstadt gekarrt. Eigentlich soll das ganze um 11 Uhr starten, aber die letzten Tage haben gezeigt, dass Zeitmessung in diesem Land anders funktioniert als in Deutschland. Dazu kommt noch das, was die Hellenen Straßenverkehr nennen. Es gelten zwei grundsätzliche Regeln: Wer bremst, hat keine Vorfahrt und das wichtigste Teil am Fahrzeug ist die Hupe. Also beginnt alles mit 2 Stunden Verzögerung und keiner weiß so ganz genau, wie die Tests ablaufen sollen. Die technische Begutachtung erfolgt im Vergleich zu den australischen Tests vom Vorjahr eher oberflächig. Lediglich die fehlende Einzelüberwachung der Batteriezellen wird bemängelt, die Teilnahme am Rennen ist aber dadurch nicht gefährdet.

Zum Schluß fährt Angela Lohberg den Parcours, um die Straßentauglichkeit von HansGo! zu beweisen. Der Solarflitzer beschleunigt auf 60 km/h für den Bremstest. Die Reifen quietschen, zwei schwarze Streifen ziehen sich über den Asphalt, Hans steht mit der gewünschten Verzögerung. Die Slalomstrecke stellt kein Problem dar. Im Gegensatz zu Nuna aus Holland, dessen Wendekreis offensichtlich einen Radius von mehr als die geforderten 8 Metern hat. Aber auch das scheint die Rennteilnahme der Niederländer nicht zu gefährden. Lediglich das brasilianische Team fällt sowohl beim Bremstest als auch bei der Prüfung der Wendigkeit durch. Ob sie beim Rennen mitfahren dürfen, wird noch zu berichten sein.

Bevor es dann am Montag auf die Reise geht, startet morgen noch ein Rundkursrennen. Dabei geht es auf den Rollbahnen auf dem Flugplatz um die schnellste Runde, die jeder Sonnenrenner erzielen kann.


23. Mai 2004: Hans über die Linie

Knapper hätte es kaum laufen können beim Rundenrennen der Solar-Formel 1 auf dem alten Athener Flughafen. Sowohl für HansGo! von der FH Bochum als auch für die beiden Gewinner aus Japan. Nach einer Stunde Fahrzeit trennen Tiga von Ashiya University und Mercury Model S von Universität aus Osaka lediglich 4 Sekunden. In dieser Zeit haben sie 32 Runden gefahren, Hans Go! brachte es auf 21 Runden und liegt damit auf Platz 7 im Mittelfeld. Typisch für die griechischen Organisatoren ist die schlechte Informationsversorgung. So war für viele Teams am Morgen noch unklar, wie das Rennen ablaufen sollte. Das HansGo!-Team hatte gehofft, lediglich eine schnelle Runde fahren zu müssen, um dann das Rennen aufgrund der Reifenknappheit beenden zu dürfen. Gefordert wurde aber nach der Qualifikation durch die schnellste Runde und einer entsprechenden Startaufstellung ein einstündiges Rennen, bei dem die Anzahl der gefahrenen Runden zählt. Mit nur einem Boxenstopp, bei dem die Vorderreifen gewechselt wurden, kam Ralf Hoffmeister mit völlig abgefahrenen Hinterreifen so gerade eben über die Ziellinie. Die Ehrenrunde musste er abrechen, denn nur weniger hundert Meter hinter dem Ziel war der Hinterreifen platt.

Am frühen Abend wird der zweite Lauf starten. Bis dahin wollen Volker Rabura und Tobias Terlau noch versuchen, robustere Reifen aufzutreiben. Angesichts des Sonntags kein einfaches Unterfangen.

Dass auch ein solches Rennen nicht ohne Risiko ist, zeigen die Spitzengeschwindigkeiten der leichten japanischen Fahrzeuge. Hier werden auf der Geraden nahezu 140 km/h erreicht. Das Solarmobil der Southern Taiwan University of Technology hat sich nach einem Reifenplatzer am Hinterrad überschlagen, dem Fahrer ist zum Glück nichts passiert, aber vor allem der Solargenerator ist schwer beschädigt. Das Team hat sofort mit der Reparatur begonnen. Heute Abend wird man sehen, ob sie weiter im Rennen sind.

Einige Teams haben nicht am Rundenrennen teilgenommen, wie zum Beispiel die Nuon-Crew aus Holland. Nach eigener Aussage verhindern Termine die Teilnahme, bei denen sie das Auto Schulkindern präsentieren. In der Boxengasse wird aber darüber spekuliert, dass die Niederländer nur ungern verlieren. Wegen des Fahrzeuggewichtes von fast 250 kg hätten sie gegen die Japaner kaum eine Chance gehabt.

Morgen startet die "Touristik-Rallye", wie der Veranstalter den zweiten Teil des Wettbewerbes nennt. Wenn bis dahin keine neuen Reifen gefunden werden, kann HansGo! sich auf zahlreiche Reifenwechsel einstellen.


24. Mai 2004: Hans rollt

Heute Morgen startet die "Touristik-Rallye", wie die Organisatoren den Wettbewerb, der bis Freitag läuft, nennen. Über eine Stunde dauert für HansGo! der 17 km lange Transport huckepack auf dem Abschleppwagen vom alten Flugplatz zum Startpunkt in die Innenstadt. Die Etappe soll über 200 km bis nach Patras führen.

Hektischer Start nach Art das HansGo!-Teams. An den Joysticks, die Hans steuern, Angela Lohberg. Der Konvoi aus Führungsfahrzeug, Motorradfahrer vom Veranstalter, Solarcar und Verfolger-PKW rollt auf die Autobahn, der Service-LKW folgt mit Abstand. Mit Tempo 80 geht es zur ersten Zeitprüfung über 3,5 km. Der genaue Ablauf ist unklar, sowohl bei den Teams als auch beim Veranstalter, also verzögert sich alles etwas. Am Ende der schnellen Kilometer ein Reifenwechsel, denn die Pneus sind vorne abgefahren. Athen liegt nun schon 100 km hinter uns. Olivenbäume und blühende Olianderbüsche säumen die Landstrasse, Bilder wie aus dem Reiseprospekt. Die Fahrt wird entspannter, der Verkehr ruhiger. Die Gedanken wandern noch einmal zum gestrigen zweiten Rundrennen, das am frühen Abend stattgefunden hat.

Beinahe wäre für Hans das Ende da gewesen. Wie beim ersten Ein-Stunden-Rennen konnte er sich bei reifenschonender Fahrweise auf dem siebten Platz behaupten. 5 Minuten vor dem Ende des Rennens wird er kurz vor einer Schikane von den beiden führenden japanischen Rennern überrundet, als es passiert: Der Fahrer des auf zweiter Position liegenden Osaka-University-Teams will in der Kurvenkombination auf Biegen und Brechen vorbeiziehen und kollidiert seitlich mit Hans bei 80 km/h. Ralf Hoffmeister kann das Fahrzeug abfangen, außer einer breiten Schramme vorne rechts ist HansGo! unbeschädigt. Der Japaner fährt einfach weiter, denn er will ja gewinnen, um jeden Preis ! Die Rennleitung erfährt von dem Vorfall erst durch die Beschwerde von Team-Chef Thomas Hengmith. Das deutsche Team will den Vorfall nicht zu hoch aufhängen, erwartet aber zumindest eine Entschuldigung von den Studenten aus Osaka. Die steht bisher noch aus.

Zurück zur Rallye: Das zweite Zeitfahren des Tages steht an, diesmal über 7 km. Hans lässt es ruhig angehen. Reifen sparen, sicher fahren, heißt die Devise. Problemlos die Ankunft in Patras. Volker Rabura und Tobias Terlau starten sofort durch zur Reifenfahndung, das Problem muss in dieser größeren Stadt gelöst werden.

Am Ziel, der Uni von Patras, nehmen zahlreiche Kamerateams, Schaulustige und interessiertes Fachpublikum die Solarcars in Augenschein. Angela Lohberg gibt Interviews, sie ist eine von zwei Fahrerinnnen im Starterfeld. Ralf Zweering macht sich mit dem japanischen Sunlake-Team auf den Weg zurück nach Athen, um Ersatzteile aus dem zurückgelassenen Bestand der Bochumer zu holen, die dringend zur Reparatur des fernöstlichen Flitzers gebraucht werden. Knapp 8 Stunden später, mitten in der Nacht, kommt er zurück. Sein japanischer Wortschatz ist beträchtlich erweitert, die Männer der japanischen Sunlake-Crew tief dankbar für die erwiesene Hilfe.

Das Reifen-Suchkommando kehrt schon nach einer Stunde zurück, erfolgreich! Hans wird mit Moped-Reifen besohlt, die deutlich robuster aussehen als die Michelin-Spezialpneus.

Am Abend ein Empfang in der Stadthalle von Patras, zu dem nur wenige Phaethon-Teilnehmer erscheinen. Fast alle sind noch mit Wartungsarbeiten an den Hochleistungsmaschinen beschäftigt. Eine extreme Bergetappe ist für den morgigen Tag angekündigt. Zwischen den aufziehenden Wolken treffen die letzten Sonnenstrahlen des Tages auf die Solargeneratoren, die von fast allen Teams sorgfältig ausgerichtet werden, um genügend Energie für die kommende Bergprüfung zu tanken.


25. Mai 2004: Hans klettert

HansGo! startet um 10:27 Uhr zur Bergetappe von Patras nach Olympia. Mit der Wertung der Zeitprüfungen vom gestrigen Tag liegt Hans auf Platz 9. Der Himmel ist wolkenverhangen, aber der solargetriebene Rennwagen der FH Bochum hat dank des Hochleistungsgenerators aus dem Hause Gochermann Solar Technology genügend Energie, um die Berge zu erklimmen. Stefan Balzer steuert gelassen durch die Kurven auf fast 800 Meter über Meereshöhe. Die neuen Reifen machen das Fahrzeug etwas unruhiger, aber mit der Zeit gewöhnt sich der Pilot an das neue Fahrgefühl.

Wechsel an den Steuerknüppeln vor der ersten "Special Stage", wie die Zeitprüfungen als Zungenbrecher auf Englisch heißen. Angela Lohberg braucht für die 6,5 km etwas mehr als 6 Minuten, nur halb so schnell wie der Gewinner auf diesem Teilstück, dafür aber mit maximaler Sicherheit.

Weiter geht es durch das griechische Bergland nach Olympia, dem Ort, an dem die Spiele gleichen Namens zum ersten Mal stattgefunden haben.

Nach der zweiten Wertungsprüfung des Tages bringt Stefan Balzer HansGo! über zahlreiche Serpentinen an den historischen Ort. Auf 37 Kilometern sind fast 800 Höhenmeter zu überwinden. Auf diesem Abschnitt kann die regenerative Bremse des HighTech-Mobils zeigen, was sie kann. Der Motor arbeitet als Generator, bremst das Fahrzeug und gewinnt zusätzlich zum Solarstrom elektrische Energie, die in die Batterie eingespeist werden kann. Der nächste Berg kommt bestimmt!


26. Mai 2004: Hans trifft die Maus

Vor dem Start trifft das HansGo!-Team beim Frühstück auf Armin Maiwald, Erfinder der Sendung mit der Maus. Er dreht heute in Olympia einen Mausbeitrag, der die Entstehung der Weltspiele des Sports erklären soll. Das Thema Solarenergie hat er als Film schon im Kasten. Wer also verstehen will, wie aus Sand und Sonne Energie gewonnen wird, kann am kommenden Pfingstsonntag die Sendung mit der Maus anschauen.

Die Strecke von Olympia zurück nach Patras geht heute im Vergleich zur gestrigen Etappe geradezu langweilig durch die Ebene geradeaus. Die beiden Zeitprüfungen werden von Ralf Hoffmeister in der gewohnt sicheren Weise absolviert, andere Fahrer gehen hier ein deutlich höheres Risiko ein und schießen an der Grenze der Haftreibung durch die Kurven.

Dieser Wettbewerb zeigt deutlich die unterschiedlichen Typen von Solarfahrzeugen. Die leichten japanischen Flitzer mit 150 kg Gewicht erweisen sich auf den kurzen Rennstrecken als ideale Rallye-Mobile. Hans Go! ist eher für die Langstrecke gebaut. Die Leistungsfähigkeit des jetzt perfekt abgestimmten Solargenerators führt auf den 200 Kilometer langen Tagesetappen zu einer Null-Bilanz bei der Energie, das heißt Hans fährt morgens mit vollen Batterien los und kommt abends mit vollem Energiespeicher an. Motor und das Gewicht von über 250 kg verhindern aber Geschwindigkeiten über 100 km/h und bei der Beschleunigung liegen die leichteren Solarmobile vorne. Das bedeutet bisher Platz 9 im Gesamtergebnis.

Der muntere Ersatzteiltausch zwischen den Konkurrenten geht weiter: Principia fährt jetzt mit einem Tracker aus dem Ersatzteilbestand von HansGo! Eine dieser elektronischen Regeleinheiten, die die Module des Solargenerators im optimalen Arbeitspunkt halten, war im amerikanischen Mobil ausgefallen. Da helfen wir natürlich gerne!

Morgen früh geht es mit der Fähre über den Golf von Patras. Die gewaltige Hängebrücke, die eigentlich auch bis zu den Olympischen Spielen fertig sein soll, ist für den Autoverkehr noch nicht freigegeben.


27. Mai 2004: Hans orakelt

Man glaubt es kaum, pünktlich wie angekündigt um halb neun setzt sich die Schlange aus Solarcars und Begleitfahrzeugen in Richtung Fähre in Bewegung. Antirio heißt der Startpunkt heute, es geht wieder in die Berge, nach Delphi. Die Strecke gilt als eine der anspruchsvollsten Etappen der Tour. Man darf gespannt sein, ob das Orakel ein gutes Omen für die Bochumer Truppe bedeutet. Bis zum Schiff vervollständigen die Fahrer der Begleitfahrzeuge ihre Kenntnisse in einer ganz besonderen Kommunikationsform dieses Landes, dem Hupen. Der Grieche und natürlich auch die Griechin weiß virtuos mit diesem Instrument umzugehen, um den Verkehr über besondere Wünsche zum persönlichen Fortkommen zu informieren. Dabei hat die Fanfare in ihrem Aussagewunsch im Gegensatz zu Deutschland (fast) nie beleidigenden oder strafenden Charakter. Meist wird eine Anfrage formuliert, abhängig vom Verkehrsgeschehen. So zum Beispiel "Ich würde jetzt gerne die Kreuzung überqueren, obwohl ich gerade rot habe!" oder "Die zwei Meter zwischen Ihnen und dem vorrausfahrenden Fahrzeug reichen mir völlig, ich schere in Ihre Spur ein!" Der höfliche Helene antwortet mit einem kleinen Hupen und gibt sein Einverständnis oder äußert sein dezenten Protest, weil er, wie scheinbar alle Autofahrer in diesem Land, offensichtlich überhaupt keine Zeit hat und deswegen immer auf ein Meter Abstand auffährt oder grundsätzlich in alle Kreuzung einfährt, auch wenn ein Rückstau für den Querverkehr ein Weiterkommen unmöglich macht.

Die Überfahrt unter der neuen Brücke läuft problemlos, auch wenn das Verladen im hier scheinbar normalen Chaos abgelaufen ist.

Start um 11:30 Uhr. Nach 10 Kilometern mitten im belebten Dorf Nafpaktos ein tiefes Schlagloch, das Stefan Balzer am Steuer des Solarcars wegen der engen Dorfstraße und des entsprechenden Verkehrs nicht mehr umfahren kann. Das Hinterrad schlägt hart auf, ein lautes Zischen kündigt den Plattfuß an. Anhalten in einer Seitenstraße, die damit für den Verkehr gesperrt ist. Reifenwechsel in knapp 10 Minuten. Sofort füllt sich die Gasse mit Schaulustigen, ein lokaler Fernsehsender bittet um ein Interview. Angespannt, aber konzentriert arbeiten Ralf Hoffmeister, Volker Rabura und Daniel Pieper, um HansGo! wieder auf den Weg zu bringen. Ein Polizist sperrt die Hauptstrasse ab, der Bochumer Tross setzt sich in Bewegung, entlang der Küstenstraße Richtung Delphi.

Besonders die zweite Zeitprüfung verlangt heute die volle Konzentration der Pilotin. Angela Lohberg hat sich perfekt vorbereitet und ist die Strecke gestern Abend mit dem PKW abgefahren. Trotzdem ist die Strecke gefährlich, mehrere scharfe Kurven auf der Bergstrecke sind nicht durch Leitplanken abgesichert. Hier mit dem für die gerade Langstrecke gebauten HansGo! zu rasen, würde ein unverantwortliches Risiko bedeuten. Viele Teams scheinen das in Kauf zu nehmen, an einigen Fahrzeugen lassen tiefe Schrammen erkennen, dass sie nur knapp der Katastrophe entgangen sind. Mit sicherer Fahrweise kann man natürlich ein Rennen mit einem derartigen Reglement nicht gewinnen. Position 9, ein Platz im hinteren Drittel ist die Konsequenz.

Ein Besuch der antiken Stätten von Delphi rundet den Tag ab. In den Bergen gelegen, ergeben sich wunderschöne Panoramen hinter den alten Steinen dieses historischen Ortes. Und natürlich wird auch hier noch restauriert, aber bis zum Beginn der Spiele soll alles fertig sein...


28. Mai 2004: Hans im Ziel

Letzter Tag der "Touristik-Rallye" über 192 Kilometer von Itea bei Delphi zurück nach Athen. Früh um 8 Uhr der Start vom Hafen der Stadt. Fünf harte Renntage liegen hinter dem HansGo!-Team der FH Bochum, erste Ermüdungserscheinungen bei den Studierenden, aber noch einmal ist die volle Konzentration gefordert, um Hans heil über die Ziellinie zu bringen. Die beiden Zeitprüfungen zeigen noch einmal, dass der rote Solarwagen mit einer Spitzengeschwindigkeit von 105 km/h nicht für diese Form von Wettbewerb gebaut worden ist. Ein Platz im hinteren Drittel bei diesen Abschnitten, mehr ist nicht zu schaffen. Der Solargenerator stellt Energie satt zur Verfügung, aber der Motor und vor allem der Motorcontroller, die Ansteuerelektronik, die die Drehzahl regelt, sind nicht in der Lage, für entsprechenden Vortrieb zu sorgen, wie er bei einem solchen Rennen gebraucht wird. Dass HansGo! eher Marathonläufer als 100-Meter-Sprinter ist, zeigt sich immer auf den Landstraßen, wenn er am Berg problemlos an anderen Teams davonzieht, die mit ihrer Energie sparsamer umgehen müssen als er.

Noch einmal spannend wird es, als sich der Dauerläufer Hans der Innenstadt von Athen nähert. Die Streckenwahl des Veranstalters führt über die Autobahn. Es ist Freitag Nachmittag, alle Athener scheinen sich mit LKWs, Mopeds und Motorrädern und natürlich Pkws ein Massenrennen zu liefern. HansGo! ist mit seinen 95 km/h knapp am vorgeschriebenen Tempolimit von 100, alle anderen Verkehrsteilnehmer sehen die 100 aber eher als groben Richtwert an, den man auf keinen Fall unterschreiten sollte. Die Begleitfahrzeug haben große Mühe, den Solarwagen vor den Rasern abzuschirmen, die links und natürlich auch rechts an ihm vorbeiziehen wollen, gerne auch schon einmal mit einem Foto-Handy in der Hand, um den Lieben zu Hause von der merkwürdigen schwarzroten Platte berichten zu können, die da heute über die Autobahn gefahren ist.

Bei all der Hektik verpasst der Tross die richtige Ausfahrt, ein Umweg mitten durch die Athener Innenstadt ist die Folge. Der Motorradfahrer Fanis Pavlides, der das Team schon die ganze Woche durch den griechischen Verkehr geleitet hat, muss noch einmal Schwerstarbeit leisten. Mit Hupe, heftigen Gesten und lautem Rufen weißt er seine griechischen Landsleute in die Schranken und bahnt einen Weg für HansGo!

Das Ziel hätte eigentlich das Olympiastadion sein sollen. Wegen der bekannten Bauverzögerungen dient ein kleiner Parkplatz in der Nähe als Zieleinlauf. Hans Gochermann schwenkt die schwarzweiße Zielflagge. Auf Platz 10 von 15 gestarteten Teilnehmern bekommt Ralf Hoffmeister, stellvertretend für alle Studierenden im Team, eine Ehrenplakette überreicht. "Dabei sein ist alles", heißt die olympische Devise. In diesem Sinne war das Team erfolgreich. Zu jeder Zeit sicher mitzufahren und ohne Schaden oder Verletzungen durchs Ziel zu rollen stellt aber die eigentliche Leistung dar. "Ein großartiges Team !", so der knappe Kommentar vom Projektleiter Prof.Dr. Pautzke, der sich freut, mit diesen motivierten Studenten an HansGo! weiter zu arbeiten.

Zum Schluss der Veranstaltung präsentiert sich Griechenland noch mit einer besonderen Spezialität, dem Streik. Die Fahrer der Abschleppwagen, die die Solarwagen abtransportieren sollen, haben die Arbeit niedergelegt. Also muss Alexander Spoo mit dem LKW noch einmal in die Innenstadt, um HansGo! abzuholen. Ein anstrengender Tag geht in die Verlängerung. Mit einem Autotransporter, der eigentlich nicht für dreirädrige Fahrzeuge gebaut ist und auf den maximal 4 Fahrzeuge gleichzeitig passen, sollen die übrigen Teams abgeholt werden. Ob Preisverleihung und Gala-Dinner, wie geplant, um 21:30 Uhr starten können, steht in den Sternen.

Für morgen ist eine Stadtführung organisiert. Am Sonntag geht es zurück nach Deutschland. Der Flug der Gesellschaft German Wings landet gegen 13:30 Uhr auf dem Köln-Bonner Airport.


Phaeton 2004 - SolarCar Projekt Hochschule Bochum

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