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Ökobilanz von Natrium-Nickel-Chlorid-Batterien


Batteriespeichersysteme spielen für die Eneriewende eine wichtige Rolle, um die fluktuierende Energieerzeugung von Wind und Sonne auszugleichen. Aufgrund ihrer Materialzusammensetzung unterscheiden sich die ökologischen Auswirkungen verschiedener Batteriesysteme deutlich.

Das Labor für Nachhaltigkeit in der Technik (LNT) arbeitete mit einem Batteriehersteller zusammen, um die Umweltauswirkungen von Natrium-Nickel-Chlorid-Batterien (NaNiCl2) für den Anwendungsfall eines Solar-Mini-Grid in Tema, Ghana, zu untersuchen. Die Ergebnisse wurden auf der IRES-Konferenz 2022 veröffentlicht: 

Nikolic, M., Schelte, N., Velenderic, M., Adjei, F., Severengiz, S., “Life Cycle Assessment of Sodium-Nickel-Chloride Batteries”, IRES 2022 – 16th International Renewable Energy Storage Conference (IRES), Düsseldorf, 20-22 September 2022. DOI: https://doi.org/10.2991/978-94-6463-156-2_23

Die Lebenszyklusanalyse (LCA) ergab, dass NaNiCl2-Batterien im Vergleich zu Lithium-Ionen-Batterien die negativen Auswirkungen auf die globale Erwärmung um bis zu 71 % verringern könnten.

Weitere Informationen über solare Mini-Netze in Ghana finden Sie im Projekt GH2GH.

Stand der Technik der Energiesysteme

Mini-Grids sind dezentrale Energiesysteme, die den Strombedarf lokaler, nicht an das Netz angebundener Regionen decken können [1,2], was vor allem in der Region Subsahara-Afrika von Interesse ist [3]. Batteriespeichersysteme ermöglichen die Zwischenspeicherung von Energie, gleichen Schwankungen bei der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien aus und stellen sicher, dass der Bedarf auch bei wechselnden Wetterbedingungen gedeckt werden kann [4].

Lithium-Ionen- und Blei-Säure-Batterien sind die am weitesten verbreiteten Batterietechnologien. Lithium-Ionen-Batterien enthalten giftige Materialien und seltene Erden. Wenn sie beschädigt werden, entstehen giftige Gasemissionen, die die menschliche Gesundheit gefährden [5-7]. Außerdem sind sie empfindlich gegenüber großen Temperaturschwankungen und Wärme, was zu einer kürzeren Lebensdauer führt [8,9]. In Ghana sind Blei-Säure-Batterien der dominierende Batterietyp. Die Entsorgung dieser Batterien ist jedoch aufgrund der entstehenden Luftverschmutzung in den Recyclinganlagen kritisch. [10].

Die NaNiCl2-Batterie ist auch als ZEBRA-Batterie (Zero Emission Battery Research Activities) bekannt [11]. Im Folgenden werden die allgemeinen Aspekte von NaNiCl2-Batterien zusammengefasst:

Vorteile von NaNiCl2-Batterien: 

  • Keine elektrochemische Selbstentladung aufgrund eines keramischen Elektrolyten [12]
  • Hohe Toleranz bezüglich Überladungen und Tiefentladungen [12]
  • Weniger kostspieliges und seltenes Material im Vergleich zu alternativen Batterietypen [13]
  • Nicht entflammbare, sichere und recycelbare Zusammensetzung [14]
  • Die Materialzusammensetzung ermöglicht eine kostengünstige Produktion, selbst in kleinem Maßstab
  • Sowohl der Entlade- als auch der Ladevorgang werden nach Angaben der Hersteller nur geringfügig durch Außentemperaturen beeinflusst.

Nachteile von NaNiCl2-Batterien:

  • Die Produktionskapazitäten sind noch nicht ausreichend, was derzeit zu höheren Kosten führt
  • Nicht für alle Anwendungen, wie z. B. Schnellladung, geeignet, da der Ladestrom durch die endotherme Ladereaktion begrenzt ist

Methodik und Bewertung

In Anbetracht der Vor- und Nachteile von NaNiCl2-Batterien untersuchten die LNT-Forschenden die ökologischen Auswirkungen durch die Erstellung einer Lebenszyklusanalyse in Form einer Ökobilanzierung. Die Ökobilanzierung  ist eine standardisierte Methode zur Bewertung der Umweltauswirkungen von Produktionssystemen. Dabei werden die Emissionen sowie die Energie- und Materialflüsse in allen Phasen des Lebenszyklus quantifiziert. Die Phasen des Lebenszyklus sind Ressourcen- und Materialproduktion, Nutzungsphase, End-of-Life (EoL) und Transport (siehe Abb. 1). Die ermittelten Emissionen und Ströme werden sogenannten Wirkungskategorien, wie z.B. Auswirkungen auf die globale Erderwärmung, zugeordnet. Diese können beispielsweise in Erderwärmungspotenzial, auch „Global Warming Potential” (GWP) genannt, gemessen werden. 


Diese Studie konzentriert sich auf den Vergleich von NaNiCl2-Batterien mit alternativen Batterietypen wie Li-Ionen- und Blei-Säure-Batterien, basierend auf den Auswirkungen auf das GWP. Der Wert für das GWP wird der "funktionalen Einheit" einer verbrauchten kWh zugeteilt. Das bedeutet, dass das GWP des gesamten Lebenszyklus durch die über die Lebensdauer der Batterie gespeicherte Energiemenge geteilt wird. Dies hat den Vorteil, dass verschiedene Batterietypen miteinander vergleichbar gemacht werden und dass Parameter wie Effizienz und Lebensdauer berücksichtigt werden können.
Das untersuchte Batteriemodell hat eine nutzbare Kapazität von 41 Kilowattstunden (kWh) und besteht aus 140 Röhrenbatteriezellen. Da NaNiCl2 nicht weit verbreitet ist, sind keine Daten über die EoL-Behandlung und Batterielebensdauer verfügbar. Um dieser Wissenslücke entgegenzuwirken, unterschieden die Autoren zwischen Szenario 1, bei dem von idealen Bedingungen ausgegangen wird, was zu einer längeren Lebensdauer führt, und Szenario 2, das von einem konservativeren Ansatz ausgeht [12]. Für die EoL-Behandlung gibt es zwei verschiedene Szenarien, A und B. Szenario A geht davon aus, dass die Batterien geschreddert werden, während Szenario B davon ausgeht, dass die Batteriematerialien (Nickel, Stahl und Siliziumdioxid) recycelt werden.
 

Ergebnisse

Aus den Ergebnissen der Studie, die in Abbildung 2 dargestellt sind, geht hervor, dass das GWP von NaNiCl2-Batterien je nach Nutzungsphase und EoL-Szenario zwischen 9,1g und 22,7g CO2eq pro entladener und verbrauchter kWh liegt. Damit sind die Emissionen deutlich geringer als bei Lithium-Ionen-Batterien, die 31,3g CO2eq emittieren, und Blei-Säure-Batterien, die 122,1g CO2eq emittieren. Der Einsatz von NaNiCl2-Batterien in dieser Mini-Grid-Konfiguration reduziert das gesamte GWP um 32 % im Vergleich zu einer Konfiguration mit einer Mischung aus NaNiCl2-, Blei- und Lithium-Ionen-Batterien.

 

Vergleicht man das Treibhausgaspotenzial mit dem ghanaischen Strommix und dem Dieselgenerator, so erreichen alle Mini-Grid-Konfigurationen eine erhebliche Emissionsreduzierung, wie in Abbildung 3 dargestellt ist. Die Treibhausgasemissionen eines ausschließlich auf NaNiCl2-Batterien basierenden Mininetzes werden im Vergleich zum ghanaischen Netz um 89 % und im Vergleich zum Dieselgenerator um 97 % reduziert. Bei der gemischten Mini-Netzkonfiguration wird das Treibhausgaspotenzial im Vergleich zum Strommix immer noch um 84 % und im Vergleich zu einem Dieselgenerator um 96 % reduziert. 

Fazit

In der vorgestellten Studie beträgt das GWP von NaNiCl2-Batterien im besten Fall 9,1 g CO2eq pro verbrauchter kWh, wenn die Batterie eine lange Lebensdauer von 4.500 Ladezyklen hat und Nickel, Stahl und Siliziumdioxid bei EoL recycelt werden. Insgesamt könnten NaNiCl2-Batterien das Treibhauspotenzial im Vergleich zu Blei-Säure-Batterien um bis zu 93 % und im Vergleich zu Li-Ionen-Batterien um bis zu 71 % senken. Um ihren Umweltvorteil im Vergleich zu alternativen Forschungstypen zu validieren, sollte sich die weitere Forschung jedoch auf ihre Umweltauswirkungen in Kategorien wie Ressourcenerschöpfung sowie Human- und Ökotoxizität konzentrieren.

Quellen

  1. “The Role of Energy Storage for Mini-Grid Stabilization,” IEA-PVPS. iea-pvps.org/key-topics/the-role-of-energy-storage-for-mini-grid-stabilization/ (accessed Jul. 28, 2022).
  2. “Off-grid renewable energy systems: Status and methodological issues,”/publications/2015/Feb/Off-grid-renewable-energy-systems-Status-and-methodologicalissues. www.irena.org/publications/2015/Feb/Off-grid-renewable-energy-systems-Status-and-methodological-issues (accessed Jul. 28, 2022).
  3. D. A. Quansah, M. S. Adaramola, and L. D. Mensah, “Solar Photovoltaics in Sub-Saharan Africa – Addressing Barriers, Unlocking Potential,” Energy Procedia, vol. 106, pp. 97–110, Dec. 2016, doi: doi.org/10.1016/j.egypro.2016.12.108
  4. S. AMDC Energy Limited, “Battery Energy Storage Systems.” www.amdcenergy.com/markets-services/energy-strorage/battery-energy-storage-systems.html (accessed Aug. 08, 2022).
  5. A. Nedjalkov et al., “Toxic Gas Emissions from Damaged Lithium Ion Batteries—Analysis and Safety Enhancement Solution,” Batteries, vol. 2, no. 1, Art. no. 1, Mar. 2016, doi: doi.org/10.3390/batteries2010005.
  6. M. Bilharz, “Lithium-Batterien und Lithium-Ionen-Akkus,” Umweltbundesamt, Jan. 22, 2015. www.umweltbundesamt.de/umwelttipps-fuer-den-alltag/elektrogeraete/lithium-batterien-lithium-ionen-akkus (accessed Jul. 28, 2022).
  7. Y. Chen et al., “A review of lithium-ion battery safety concerns: The issues, strategies, and testing standards,” J. Energy Chem., vol. 59, pp. 83–99, Aug. 2021, doi: doi.org/10.1016/j.jechem.2020.10.017.
  8. A. Väyrynen and J. Salminen, “Lithium ion battery production,” J. Chem. Thermodyn., vol. 46, pp. 80–85, Mar. 2012, doi: doi.org/10.1016/j.jct.2011.09.005.
  9. J. Hou, M. Yang, D. Wang, and J. Zhang, “Fundamentals and Challenges of Lithium Ion Batteries at Temperatures between −40 and 60 °C,” Adv. Energy Mater., vol. 10, no. 18, p. 1904152, 2020, doi: doi.org/10.1002/aenm.201904152.
  10. I. A. Bergdahl and S. Skerfving, “Chapter 19 - Lead.” reader.elsevier.com/reader/sd/pii/B9780128229460000362 (accessed Jul. 28, 2022).
  11. H. Sakaebe, “ZEBRA Batteries,” in Encyclopedia of Applied Electrochemistry, G. Kreysa, K. Ota, and R. F. Savinell, Eds. New York, NY: Springer, 2014, pp. 2165–2169. doi: doi.org/10.1007/978-1-4419-6996-5_437.
  12. EASE, “Sodium-Nickel-Chloride Battery,” EASE Storage, 2022. ease-storage.eu/energy-storage/technologies/ (accessed Jul. 29, 2022).
  13. R. Weidl, M. Schulz, M. Hofacker, H. Dohndorf, and M. Stelter, “Low cost, ceramic battery components and cell design,” Freiberg, Germany, 2016, p. 020004. doi: doi.org/10.1063/1.4961896.
  14. R. Manzoni, “Sodium Nickel Chloride batteries in transportation applications,” in 2015 International Conference on Electrical Systems for Aircraft, Railway, Ship Propulsion and Road Vehicles (ESARS), Mar. 2015, pp. 1–6. doi: doi.org/10.1109/ESARS.2015.7101491.
  15.  K. Owusu-Sekyere, A. Batteiger, R. Afoblikame, G. Hafner, and M. Kranert, “Assessing data in the informal e-waste sector: The Agbogbloshie Scrapyard,” Waste Manag., vol. 139, pp. 158–167, Feb. 2022, doi: doi.org/10.1016/j.wasman.2021.12.026.
  16. A. K. Stinder, S. Finke, M. Vendeleric, and S. Severengiz, “A generic GHG-LCA model of a smart mini grid for decision making using the example of the Don Bosco mini grid in Tema, Ghana,” Procedia CIRP, vol. 105, pp. 776–781, Jan. 2022, doi: doi.org/10.1016/j.procir.2022.02.129.
  17. Institute for Global Environmental Strategies, “List of Grid Emission Factors version 10.10,” 2021. pub.iges.or.jp/pub/iges-list-grid-emission-factors
  18. Kristina Juhrich, “Climate Change. CO2 Emission Factors for Fossil Fuels,” German Environment Agency (UBA), 2016.

Danksagung

Die Forschung wurde aus Mitteln der Qualitätsverbesserung der Hochschule Bochum finanziert. Die in dieser Untersuchung verwendeten Datensätze wurden vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Projekts SCiSusMob, Förderkennzeichen 13FH0I73IA, gefördert. Daten zu Batterieeigenschaften und -herstellung wurden uns freundlicherweise von der Firma Battery Consult zur Verfügung gestellt. Wir danken Brent Hendrickx für die Unterstützung mit Literaturempfehlungen für die Lebenszyklusanalyse der Batterie.