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Stadt Münster & HS Karlsruhe | „BIM für kommunale Verkehrsflächen – Möglichkeiten und aktuelle Herausforderungen“ | BIM Bier+Brezeln digital | 07. Dezember 2021 (Kopie 1)


Gemeinsam stellen Prof. Dr.-Ing. Markus Stöckner (Hochschule Karlsruhe) und Dr.-Ing. Alexander Buttgereit (Stadt Münster – Amt für Mobilität und Tiefbau) den Zusammenhang zwischen Managementsystemen und BIM vor und gehen auf die Schwierigkeiten der in der Theorie betrachteten Prozesse für Kommunen sowie erste Umsetzungsversuche in der Praxis ein.

Bei der Stadt Münster ist das „Tiefbau Strukturmanagement Münster“ (u.a. zuständig für Straßen, Stadtentwässerung einschließlich Gewässer) im Asset Management verortet, welche wiederum gemeinsam im „Qualitäts-, Umweltschutz und Arbeits- und Gesundheitsmanagement“ angesiedelt sind. Um die Anwendung der BIM Methode zu fördern und auf die Vorteile aufmerksam zu machen, hat die Stadt Münster 2019 eine BIM Gruppe ins Leben gerufen, um u.a. eine Strategieentwicklung zur Implementierung von BIM bereitzustellen. Betrachtet werden ebenfalls Prozesse und Voraussetzungen zur Anwendung der BIM Methode, was insbesondere die Umstrukturierung der technischen Voraussetzungen in der IT durch die Einführung von BIM miteinschließt. Hier erfolgt derzeit die Datenhaltung oft in unterschiedlichen Systemen mit verschiedenen Werkzeugen.

Um die Funktionsweise dieses Datenmanagements zu testen und den Datenfluss vom Planungsmodell zum Betriebsmodell zu analysieren, wurde in einem Pilotprojekt zur Straßenerhaltung unter Berücksichtigung der Besonderheiten kommunaler Infrastruktur zu Beginn eine Sichtung der benötigten Daten vorgenommen. Hierunter fallen zur Planungsgrundlage u.a. ein digitales Geländemodell, ein Bebauungsmodell, ein Modell zur Ver- und Entsorgungsinfrastruktur, ein Trassierungsmodell, ein Verkehrsmodell, ein Ausstattungsmodell. In der Bauvorbereitung und Bauausführung können ein Baustellenmodell, ein Bauablaufmodell sowie ein Mengen- und Kostenmodell verwendet werden. Für die Bauabnahme und in der Nutzungsphase können ein Koordinationsmodell, das „Wie-Gebaut“ Modell und das Betriebsmodell eingesetzt werden. Insgesamt können somit Informationen zu Verkehrsdaten, Oberflächenzustand und Schichteigenschaften, Klimadaten usw. zentral verwaltet und abgerufen werden. Ausgehend von der Betriebs- und Erhaltungsphase und der damit benötigten Bauwerksdokumentation und die Umsetzung von Planungsvarianten, sind die Anwendungsfälle

  • 010 „Bestandserfassung und -modellierung“,
  • 030 „Planungsvarianten bzw. Erstellung haushaltsbegründeter Unterlagen“,
  • 190 „Projekt- und Bauwerksdokumentation“ und
  • 200 „Nutzung für Betrieb und Erhaltung“

des „Masterplans BIM Bundesfernstraßen“ des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur umzusetzen.

Der Prozessablauf sowie das Datenmanagement im Asset Management zur Straßenerhaltung wird im aktuell laufenden Projekt „BIM4AMS“ beleuchtet. Dazu wurde der Workflow auf drei unterschiedlichen, ineinandergreifenden Ebenen beschrieben: der Straßenbauverwaltung auf Leitungsebene, der Straßenbauverwaltung auf Arbeitsebene sowie die Datenverwaltung in Straßeninformationsdatenbanken. Wichtig in dem aufgestellten Modell ist es, die durchgeführten Maßnahmen abzubilden und je nach Zustand zu handeln und die benötigte Datengrundlage sicherzustellen. In die Erhaltung und den Betrieb fließen das strategische und operative Erhaltungsmanagement, sowie Straßenunterhaltung und -betrieb ein. Das strategische Erhaltungsmanagement fokussiert sich dabei auf die vorbereitenden Maßnahmen und befasst sich mit den Anwendungsfällen wie z.B. Erstellung und Pflege des Bestandsmodells, Zustandserfassung- und -bewertung, Finanzbedarfsprognose und Maßnahmenprogramm. Im operativen Erhaltungsmanagement geht es um die Umsetzung der Maßnahmen. Hier gilt es anschließend das Bestandsmodell entsprechend zu ergänzen und zu aktualisieren. Regelmäßige Straßenbegehungen, die bauliche Unterhaltung, die Reinigung, der Winterdienst sowie die Grünpflege sind Anwendungsfälle für die Erhaltung und den Betrieb der Straße. Um diese drei aufeinander aufbauenden Prozesse umsetzen zu können, wird ein Erhaltungs- und Betriebsmodell benötigt. Dieses Modell wird auf Grundlage des „Wie-Gebaut“ Modells entwickelt, welches die Bestandsdaten liefert und fortwährend durch Zustandsdaten und das Erhaltungsprogramm sowie aktualisierte Bestandsdaten weiterentwickelt wird. Für das Asset Management im kommunalen Bereich würde dieser anspruchsvolle Ablauf zutreffen und die Entwicklung eines Workflows hinsichtlich der Datenprozessierung benötigen. Als Datenbedarf wurden innerhalb des Projekts BIM4AMS unterschiedlicher Input identifiziert (siehe Folie 22) und der Datenfluss dokumentiert (siehe Folie 23). Angewendet auf das Tiefbau Infrastrukturmanagement Münster mit Ideologie und Eigenschaften würde das Modell so aussehen, dass Aufbaudaten, Altersverteilung der Schichten etc. vorliegen sowie weitere besondere Eigenschaften, die im allgemeinen Workflow nicht abgebildet wurden wie z.B. kaufmännische Eigenschaften (siehe Folie 24). Zur Ableitung der drei Teilmodelle „Betrieb“, „Erhaltung“ und „Planung“ gilt es aufzuteilen, was entsprechend für den Betrieb, was für das Erhaltungsmanagement und was für die Planung von Erhaltungsmaßnahmen notwendig ist. Anschließend an den aufgesetzten Referenzprozess folgen Referenzunterlagen (Muster AIA, Muster BAP, Anforderungen an digitale Modelle) sowie der Aufbau einer CDE. Nach der Vorbereitung folgt die Durchführung mit dem essenziellen Problem: Nach der Baudurchführung und Abnahme des digitalen Modells erfolgt die Übernahme in die Datenbanken und die Aktualisierung der alten Daten, wo hinsichtlich der Transformation noch Workflows entwickelt werden müssen. An dieser Stelle verweist Herr Stöckner auf die notwendige Involvierung der Fachleute, um alle Daten der unterschiedlichen Autorensoftware in der CDE zu vereinen. Herr Stöckner gibt die Aussicht, dass die Standardisierung benötigter Daten möglich ist, um eindeutig zu wissen, welche Daten letztendlich benötigt werden und geliefert werden müssen. Er betont zudem die Schwierigkeit der Identifizierung spezifischer Probleme und das Herunterbrechen auf pragmatische und einfache Lösungen für Kommunen und gibt abschließend eine Wertung der aktuellen Situation ab (siehe Folie 30):

  • Es sind nicht für alle Anwendungen 3D-Modelle notwendig, beispielsweise können Leistungen der betrieblichen Erhaltung in der bisherigen Form weitergeführt werden. Dazu ist lediglich ein Bestandsmodell zur Planung der betrieblichen Leistung erforderlich.
  • Die einzelnen Bestandsmodelle können in ihren bisherigen Systemen weitergeführt werden, wenn die Datenübergabe und die Datenrückgabe geregelt sind.
  • Es werden damit für Bestand und Neubau/Ersatzbau unterschiedliche Datenqualitäten vorliegen. Wesentlich dabei ist, dass die benötigten Eingangsdaten in ein BIM-Projekt zur Verfügung stehen. Nach Beendigung der Maßnahme kann dann eine verbesserte und “BIM-kompatible” Datenlieferung erfolgen.
  • Es muss abgewogen werden, bei welchen Projekten im Rahmen des Asset-Managements die BIM-Methode zur Anwendung kommen soll. Bei kleineren Maßnahmen reicht ein Update des geänderten Bestands völlig aus.
  • Dies hat auch Auswirkungen auf die Muster-AIA, die nur die tatsächlich notwendigen Datenlieferobjekte fordern sollen. Dies kann für verschiedene Maßnahmentypen weitgehend standardisiert werden.

Alexander Buttgereit führt am Ende des Vortrags das Beispiel eines Pilotprojekts „Wienburgparkbrückchen“ der Stadt Münster an, um zu zeigen, was derzeit bereits umsetzbar ist. Hierbei handelt es sich um ein bewusst sehr einfaches gewähltes Pilotprojekt, das weder großer Öffentlichkeitswirksamkeit noch Kostendruck oder vertraglichem Druck unterliegt. Der Holzbrücke soll ein Ersatzneubau in Form einer Stahlkonstruktion weichen. Voraussetzung zur Umsetzung des Projekts sind die AIA, der BAP und die besonderen Vertragsbedingungen (BIM-BVB). Zudem wurden drei Anwendungsfälle zur Umsetzung gewählt: Visualisierung, Erstellung von Ausführungsplänen und Bauwerksdokumentation. Bisheriges Ergebnis ist ein 3D-Modell des geplanten Brückenneubaus inklusive Attribute, welches als Grundlage für die Ausführung im kommenden Jahr dienen soll. Herr Buttgereit weist auf die benötigte, ausreichende Datengrundlage hin, die auch in Münster noch nicht vollumfänglich zur Verfügung steht und empfiehlt entsprechend Zeit einzukalkulieren. Es wurde zudem festgestellt (intern sowie extern), dass ein gemeinsames BIM Verständnis geschaffen werden muss. Die Stadt Münster erhofft sich anhand der Projektergebnisse und Erfahrungen die Anwendung und Ausweitung der BIM Methode auf größere Projekte.