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Nachhaltige Technologien in Afrika

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14.03.2022 - von Alina Dicke

Forschende des Labors für Nachhaltigkeit in der Technik reisen nach Ghana

Im November bei um die 30 Grad sind die Straßen in Accra überfüllt mit Autos und Motorrädern. Bedingt durch die wachsende Bevölkerung bewegen sich immer mehr Menschen täglich hin und her. Die Anzahl der Dieselmotoren ist beträchtlich. Zwischen Staubwolken und Autoabgasen schlängeln sich vor allem Motorräder flexibel zwischen den im Stau stehenden Autos hindurch und die Fahrenden sollten ein paar Stunden mehr einplanen. Doch wer es eilig hat, der passt sich an. Motorräder und Roller haben hier ihre eigene Dynamik, an die sich auch Google Maps angepasst hat: Die App berechnet die Dauer der Strecke gesondert für Motorräder. Um Herausforderungen wie Luftverschmutzung, Stau und mangelnder Infrastruktur entgegenzuwirken, wird in Ghana auf E-Mobilität gesetzt. Mithilfe von Förderungen und Projekten soll der Umstieg auf emissionsarme Mobilität gelingen. Die Forschenden des Labors für Nachhaltigkeit in der Technik untersuchen hierbei Mobilitätsalternativen durch Angebote aus Elektrokleinfahrzeugen wie E-Mopeds, E-Cargo-Bikes und E-Fahrrädern und kooperieren aus diesem Grund vor Ort mit lokalen Universitäten und Unternehmen. 

Austausch mit der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und den Betreibern eines Industrieparks in Tema

Im Rahmen des „E-Micromobility in Ghana (EmmGh)“ Projektes, gefördert vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) und Entwicklung, implementiert das Labor zusammen mit der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit“ (GIZ) und unterstützt durch „Invest for Jobs“ Elektromobilitätslösungen in Ghana. Unter Anwendung von Solarladestationen und einem smarten Mini-Grid soll E-Mobilität nachhaltig gestaltet werden.  

Unser erstes Meeting in Ghana fand zusammen mit der GIZ in der TemaEnclaveProcessing Zone statt. Hier sollen sich Unternehmen niederlassen und die lokale Wirtschaft vorantreiben, sowie Arbeitsplätze geschaffen werden. Alle Beteiligten des Projekts trafen sich zum ersten Mal vor Ort, um die geplanten Mobilitätskonzepte für das Gelände zu besprechen. Seitens der Tema Industrial Processing Zone waren Mitarbeitende der LMI Holding Limited und der Ghana Free Zones Authority anwesend. Geplant ist ein E-Roller Delivery Service mit E-Mopeds, die an einer dezentralen Solarladestation vor Ort geladen werden sollen. Die Mopeds dienen der Auslieferung des Mensa-Essens auf dem gesamten Gelände. Zudem ist auch einTransportservice für die Mitarbeiter:innen mit E-Bussen geplant. Durch die Elektrifizierung mit Solarstrom werden 559 t CO2-Emissionen im Vergleich zu dieselbetriebenen Bussen gespart. Nach den Gesprächen war für alle Beteiligte klar, dass die nachhaltige Veränderung des Transportsystems im Industrie Park nur gemeinsam angegangen werden kann. Auch die Regierung spielt hierbei eine wichtige Rolle und muss durch den passenden gesetzlichen Rahmen die Infrastrukturentwicklung für E-Mobilität entwickeln. In Ghana ist es ohne Auto nicht leicht pünktlich zur Arbeit zu kommen, da kein verlässlicher Öffentlicher Verkehr vorhanden ist. Das Industriegelände ist eine sich noch entwickelnde Fläche, wo sich unterschiedliche Unternehmen bereits niedergelassen haben. Aber zwischendrin gibt es immer noch freie Flächen, auf denen eine Herde von Rindern grast oder kleine Stände mit verstreuten Essensangeboten zu finden sind. Wir konnten uns bei dem Treffen in Temaendlich ein Bild von der Ausgangslage vor Ort machen und in ein offenes Gespräch über die Zukunft gehen.

Workshop mit der University of Energy and Natural Resources (UENR) in Sunyani

Auf der Fahrt aus Accra hinaus fiel zum ersten Mal auf wie grün die Landschaft in Ghana ist. Es erstrecken sich sehr lange, breite Straßen bis nach Sunyani. Dort konnten wir das Gelände unseres Partners, der University of Energy and Natural Resources (UENR), besichtigen und uns vorab mit dem Vizekanzler und den Professor:innen austauschen. Bei dem Gespräch ging es vor allem um weitere Austauschmöglichkeiten in der gemeinsamen Lehre und der weiteren Zusammenarbeit im Hinblick auf die Errichtung eines Makerspaces auf dem Campusgelände. Anschließen fand ein Workshop statt, bei dem wir die Arbeit des Labors für Nachhaltigkeit in der Technik und unser neues Projekt EmmGh in Zusammenarbeit mit der UENR vorstellten. Im Rahmen dieses Projektes bekam unsere Partneruniversität von dem lokalen Start-Up „Solar Taxi“ Motorräder zu Forschungszwecken zur Verfügung gestellt, die von einem klassischen Verbrennungsmotor auf einen Elektroantrieb konvertiert wurden. Diese Arbeit konnte bereits einen Teilerfolg unseres Projekts abbilden. Solar Taxi beschäftigte sich bereits von Anfang an mit der Thematik der E-Mobilität. Darunter fallen Elektroautos aber auch die Konvertierung klassischer Verbrennungsmotorräder zu batteriebetriebenen Fahrzeugen oder der Bau von eigenen E-Motorrädern und E-Mopeds. Solar Taxi ist aber nicht nur im Bereich der E-Mobilität als Pionier in Ghana anzusehen, sondern auch in Bezug auf die Gleichberechtigung der Frau. Bereits 90% der Ingenieur:innen sind Frauen und darüber hinaus gibt es für alle Mitarbeiterinnen in Mutterschutz fortbestehende Gehaltszahlungen, was in Ghana nicht üblich ist.

Meeting mit der Kwame Nkrumah University of Science and Technology (KNUST) in Kumasi

Auf dem Hauptcampus der KNUST mit ihren ca. 42.000 Studierenden unterzeichneten Prof. Dr.-Ing. Severengiz (Labor für Nachhaltigkeit in der Technik, Hochschule Bochum) und Professor Ellis Owusu-Dabo (Vice Chancellor, KNUST) das Memorandum of Understanding für eine gute Zusammenarbeit zwischen den beiden Institutionen. Auch die KNUST in Kumasi möchte ihren Forschungsanteil im Bereich der E-Mobilität erweitern und bekommt aus dem Projekt vier E-Mopeds des Unternehmens Solar Taxi für Forschungszwecke überreicht. Um die nachhaltige Stromversorgung der E-Fahrzeuge zu gewährleisten, wird zusätzlich auf dem Gelände der KNUST eine Solarladestation des Berliner Unternehmens SunCrafter installiert. Da es sich um eine Off-Grid Lösung handelt ist die Station nicht von der nationalen Stromversorgung abhängig, sondern von der Volatilität der Sonne, die in Regionen wie Subsahara-Afrika kein Problem darstellt. Mithilfe dieser Station soll den Studierenden auch die Wichtigkeit der emissionsarmen Energieversorgung nahegebracht werden. Bei dem Treffen wurde außerdem über weitere gemeinsame Projektmöglichkeiten gesprochen. Dabei wurde besonders über die aktuell schlechte Infrastruktur und legale Angelegenheiten in Hinblick auf Elektrofahrzeuge in Ghana debattiert und die Notwendigkeit staatlicher Rahmenbedingungen aufgezeigt.

Brainstorming-Meeting zur zukünftigen Zusammenarbeit mit dem Impact Hub in Accra

Von Kumasi nahmen wir die gleiche Route wieder zurück nach Accra, um uns mit dem Impact Hub und der Siemens Stiftung zutreffen. Unsere Zusammenarbeit begann Ende letzten Jahres auf der WACEE Conference in Ghana, bei der wir einen gemeinsamen Workshop innerhalb unseres MoNaL Projektes veranstaltet haben. Im Impact Hub, welches sich in dem Küstenviertel Osu befindet, gibt es ein großes Netzwerk aus Start-Ups, bei denen viele innovative Idee ihren Ursprung finden. Das Ziel dieses Treffens war der Austausch und ein Brainstorming über gemeinsame Projektmöglichkeiten im Bereich Elektromobilität.Aktuell entwickelt das Impact Hub zusammen mit der Siemens Stiftung eine Werkstatt für die Entwicklung von E-Cargo-Bikes in Ghana Dieses Projekt soll zu einem nachhaltigeren Mobilitätsangebot beitragen und eine nachhaltige Lastbeförderung ermöglichen. Im Zuge des Projekts werden gleichzeitig die Kundenerfahrungen und -ansprüche hinsichtlich E-Cargo Bikes untersucht sowie Forschung in Bezug auf die Akzeptanz in der Bevölkerung Ghanas betrieben.Studien in Ghana haben gezeigt, dass das Interesse an solchen Fahrmöglichkeiten steigt. Allerdings muss noch weiter in der Akzeptanz zu solchen Cargo-Bikes geforscht werden. Vor allem Frauen sollten empowert werden mit dem Rad zu fahren. Bereits mithilfe einiger Testfahrten konnte hier das Vertrauen der Frauen in sich und in das Cargo-Bike gestärkt werden. Das Labor für Nachhaltigkeit in der Technik sieht vor allem Schnittstellen in den Themen Batterietechnik und Lademöglichkeiten für ein gemeinsames Forschungsprojekt und kann sich zukünftig vorstellen an der Entwicklung eines ganzheitlichen E-Cargo-Bike-Konzepts mitzuarbeiten. Auch bei diesem Austausch wurde wieder deutlich, dass es in der Infrastruktur aktuell noch große Versorgungslücken gibt und es eine Zusammenarbeit mit der Regierung bedarf, um diese Thematik in Zukunft angehen zu können.

Besichtigung des Don Bosco Technical Institutes in Tema

Ein besonderer Forschungsstandpunkt für unser Labor ist das Don Bosco Technical Institute in Tema, welches für die technische Ausbildung von Schüler:innen zu Ingenieur:innen und Mechatroniker:innen zuständig ist. Ein besonderer Fokus wird dabei von Father Christoff Baum, dem Leiter des "Solar and Renewable Energy Centre" auf erneuerbare Energien wie Photovoltaik und E-Mobilität gelegt. Im Labor arbeiten wir bereits seit längerem an dem Projekt „Mobility sustainably through the lifecycle (MoNaL)“ aus dem Förderprogramm „Exportinitiative Umwelttechnologien“ des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU). Auf unserer Führung über den Campus der Schule konnten wir bereits auf jedem Gebäude PV-Panels entdecken. Denn die Gebäude sind zu einem solaren Mini-Grid zusammengeschlossen, sodass die Stromversorgung für den gesamten Campus zu 95 Prozent aus Solarenergie sichergestellt werden kann. In diesem intelligenten System lassen sich die Stromgewinnung und -nutzung steuern und überwachen. Hinzu kommt, dass unterschiedliche Arten von PV-Panels und Speichermöglichkeiten des Stroms erprobt werden und das Wissen anwendungsnah den Schüler:innen beigebracht wird. Im Rahmen der Exportinitiative „MoNaL“ werden den Schüler:innen zwei Kumpan E-Roller sowie zwei E-Cargo Bikes zur Verfügung gestellt, die Lern- und Lehrzwecken im Bereich E-Mikromobilität dienen sollen. Beide Fahrzeugtypen werden als Sharingservice für die Schüler:innen und Mitarbeitenden angeboten. Auf diese Weise ist die Don Bosco Tech bereits eine kleine autarke Insel der Nachhaltigkeit in Tema. Mithilfe dieser Dezentralisierung lassen sich in Zukunft noch mehr dieser Inselprojekte etablieren und ein transformativer Charakter für das gesamte System schaffen.

TEXT UND FOTOS VON ALINA DICKE